PR-Aktion von Falun-Gong-Medien auf Kosten des taiwanesischen Auslandsdienstes
(Letzter Bericht: 8/2002, 247f) Mit der chinesischen Falun-Gong-Bewegung verbundene Medien haben die angekündigte Stilllegung von Kurzwellenstationen auf Taiwan zu einer PR-Aktion verwendet, der sogar politische Verwicklungen zwischen den USA und Taiwan auslöste. Am Ende sah sich die Vertretung Taiwans in Washington gezwungen, Darstellungen entgegenzutreten1, nach denen an Taiwan interessierte Kongressabgeordnete ihre Besorgnis zum Ausdruck gebracht hatten, aber ignoriert wurden. Deren Interesse am Erhalt von Kurzwellensendern auf Taiwan ist umso bemerkenswerter, als die Kurzwelle in den Planungen der US-Auslandssender nur noch eine untergeordnete Rolle spielt.
Die Falun-Gong-Bewegung wurde 1992 von Li Hongzhi gegründet und verbindet Elemente aus Buddhismus und Taoismus unter der absoluten Autorität des Meisters.2 Nach eigenen Angaben hat die Bewegung eine Anhängerschaft von etwa 100 Millionen Menschen weltweit. Ab dem 1. Juli 2000 sendete ein World Falun Dafa Radio in chinesischer Sprache für China, nachdem die Regierungsbehörden Maßnahmen gegen die Bewegung ergriffen hatten. Falun Gong war damit nach der Aum Shinrikyo (1992 – 1995) des japanischen Giftgas-Gurus Shoko Asahara binnen weniger Jahre die zweite Neureligion aus dem Umfeld des Buddhismus, die zur Verbreitung ihrer Weltsicht internationale Rundfunksendungen aufgenommen hat. Die Erstsendung gab einen historischen Abriss der Falun Gong seit ihrer öffentlichen Gründung durch Li Hongzhi, betonte gesundheitliche Aspekte der Bewegung und setzte sich kritisch mit der Verfolgung durch die chinesische Regierung auseinander.
Seit 2004 sendet das in den USA beheimatete Xi Wang Zhi Sheng/Sound of Hope (http://sohnetwork.com) über angemietete Kurzwellensender und zahlreiche nicht lizensierte Kleinsender, deren „Freiheitssendungen“ für das Festland konsequent mit chinesischen Störsendungen belegt werden. In Artikeln der Epoch Times3 wurde von Irritationen und Besorgnissen der Führung von Xi Wang Zhi Sheng über den Verlust ihrer Sendeanlagen geschrieben. Das Thema wurde auch von Nachrichtenagenturen wie der AFP aufgegriffen.4 Das als taiwanesische Botschaft fungierende Taipei Economic and Cultural Representative Office in the United States gab schließlich eine Erklärung zu den Insinuationen heraus, Radio Taiwan International habe in Anbiederung an die Volksrepublik China mit einem Abbruch von Sendeanlagen begonnen, der die Arbeit von Freiheits- und Demokratiesendern beeinträchtige. Man trat nicht nur dem Vorwurf entgegen, Sound of Hope sei im Vorfeld nicht ausreichend berücksichtigt worden, sondern stellte auch klar, dass die Abrissentscheidungen im Prinzip schon 1997 und 2005 gefallen seien. Bei Tainan gebe es seit Jahren Elektrosmogbeschwerden, deretwegen die Stadt immer wieder und zuletzt 2013 Druck gemacht habe. Bei Huwei sei das Sendeende wegen des in Angriff genommenen Baus eines Bahnhofs für eine Hochgeschwindigkeitsstrecke absehbar gewesen. Seit den ersten Äußerungen von Sound of Hope im Mai habe man sich immer wieder darum bemüht, die Besorgnisse auszuräumen und auch die von Sound of Hope aktivierten Kongressabgeordneten informiert.5 Die Verträge mit Sound of Hope würden mit modernisierten und damit effizienteren Anlagen in Danshui und BaoZhong weiter vollständig erfüllt werden.
Während die Briefwechsel und Gespräche von Außenstehenden nicht überprüft werden können, geben langjährige Beobachter der Kurzwellenszene wie der Autor, aber auch Ian Baxter6 und Kai Ludwig7 dem Auslandsdienst gegen Sound of Hope Recht. Zwar betreibt Taiwan seit geraumer Zeit eine Konsolidierung der bisher wohl aus militärischen Gründen verstreuten Kurzwellenstationen, doch werden alt gewordene Anlagen durch leistungsfähige ersetzt. Die Sendeanlage in Tainan war in der Vergangenheit tatsächlich die wichtigste Station für andere Zielgebiete als China, die allerdings wie etwa Australien schon lange nicht mehr bedient werden. Die andere „weltweit“ sendende Anlage war BaoZhong, das aktuell generalüberholt wird. Gegen den Trend im internationalen Auslandsfunk hat Taiwan erst jüngst wieder Sender und Antennen für zwei Kurzwellenanlagen bestellt. Nur wenige Wochen nach der Inbetriebnahme von zwei Sendern und Antennen im Mai gab die Schweizer Firma Ampegon im Juli einen weiteren Auftrag von insgesamt zehn 300-kW-Kurzwellensendern und zwölf Richtantennen samt sendefertiger Übergabe bekannt. Eigentlich werden deutlich weniger Sendekapazitäten als früher benötigt, da internationale Sendezeitkunden immer weniger Sendezeit auf Taiwan mieten und Radio Taiwan International im Gefolge auch seine eigene Sendezeit einschränkt.
Das prominenteste Beispiel jüngerer Zeit ist das Sendeende von Family Radio, mit dem es von 1981 bis 2013 einen Sendezeitaustausch gab und das im Vorfeld des vom Sendergründer Harold Camping angekündigten, 2011 aber nicht eingetretenen Weltendes zusätzliche Kapazitäten mietete. Gerüchteweise wurde ein Drittel des Budgets von Radio Taiwan International aus dem Sendezeitverkauf an Family Radio bestritten, was nach dessen Zusammenbruch erhebliche Sparzwänge mit sich brachte. Nachdem Radio Taiwan International den Zugang zur 2013 stillgelegten Family-Radio-Kurzwellenstation in Okeechobee verlor, wurde beispielsweise Nordamerika als Zielgebiet eigener Kurzwellensendungen eingespart. Neben dem US-amerikanischen Auslandsdienst Radio Free Asia und diversen christlichen Anbietern gab es 2010 bis 2011 sogar Kurzwellensendungen für den Taoismus aus Taiwan.
Hansjörg Biener, Nürnberg
Anmerkungen
1 www.taiwanembassy.org/US/ct.asp?xItem=396685&ctNode=2300&mp=12&nowPage=2&pagesize=15 . Alle hier angegebenen Internetseiten wurden zuletzt abgerufen am 7.10.2012.
2 Vgl. Friedmann Eißler, Stichwort „Falun Gong/Falun Dafa“, in: MD 1/2011, 30-33; Reinhard Hempelmann u. a. (Hg.), Panorama der neuen Religiosität, Gütersloh 22005, 393-397; Hans Krech/Matthias Kleiminger (Hg.), Handbuch Religiöse Gemeinschaften und Weltanschauungen, Gütersloh 62006, 785-793.
3 www.theepochtimes.com/n3/24271-independent-radio-broadcasters-at-peril-in-taiwan ; www.theepochtimes.com/n3/145286-taiwan-tears-down-antennae-carrying-uncensored-news-to-china; www.theepochtimes.com/n3/147703-taiwan-responds-on-shortwave-tower-takedown ; www.epochtimes.de/China/Medien/China_Baut_Taiwan_Radio-Sendeantennen_nach_Druck_der_Kommunistischen_Partei_ab-a1079776.html; vgl. auch www.theepochtimes.com/n3/156178-in-communist-china-shortwave-is-a-window-to-the-world .
4 www.globalpost.com/dispatch/news/afp/130702/taiwan-urged-keep-radio-broadcasts-china; www.bangkokpost.com/news/asia/357991/taiwan-urged-to-keep-radio-broadcasts-into-china (unter Berufung auf AFP).
5 Auf den offiziellen Seiten der Abgeordneten Frank Wolf, Dana Rohrabacher und Christopher Smith ist dazu nichts zu finden; vgl. aber www.taipeitimes.com/News/front/archives/2013/07/03/2003566214 ; www.taipeitimes.com/News/taiwan/archives/2013/07/05/2003566399 .
6 https://sites.google.com/site/shortwavesites .
7 www.radioeins.de/programm/sendungen/medienmagazin/radio_news/beitraege/2013/taiwan_kontroverse.html.