Psychologie / Seelsorge

Qualitätskriterien für professionelle Beratung

Ratsuchenden fällt es oft schwer, für die Bewältigung eines Konflikts oder einer Lebenskrise kompetente Beratung zu finden. Weil die Berufsbezeichnungen „Psychologischer Berater“, „Berater“, „Lebensberater“, „Counselor“ oder „Coach“ nicht geschützt sind, ist die richtige Wahl oft Glücksache. Die „Deutsche Gesellschaft für Beratung“ (DGfB) hat sich als Dachorganisation von derzeit 32 Verbänden vor einigen Jahren die Aufgabe gestellt, der Fachöffentlichkeit, der Politik und dem Verbraucher einen Orientierungsrahmen für die Qualität von Beratungsleistungen zu bieten (www.dachverband-beratung.de). Im November 2009 hat die DGfB als Dachverband von etwa 30000 in den Fachverbänden organisierten Beraterinnen und Beratern einen verbindlichen Rahmen an Weiterbildungsstandards beschlossen.

Als Grundlage muss eine solide Ausbildung nachgewiesen werden, ein entsprechender Hochschulabschlusses wird vorausgesetzt. Dann folgt eine dreijährige berufsbegleitende Zusatzausbildung mit theoretischen und praktischen Unterrichtsstunden, die auf die speziellen Erfordernisse des Arbeitsbereiches vorbereiten. Solche Weiterbildungen werden von den Mitgliedsverbänden der DGfB angeboten. Zu den Mitgliedern zählen die einschlägigen Fachverbände wie die „Deutsche Gesellschaft für Supervision“ (DGSv), die „Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie“ (DGVT) oder die „Gesellschaft für wissenschaftliche Gesprächspsychotherapie“ (GwG) ebenso wie der Verband der Pastoralpsychologen (DGfP), die „Evangelische Konferenz für Familien- und Lebensberatung“ (EKFuL), der „Verband für christliche Beratung und Seelsorge“ (ACC) und „pro familia“.

Trotz der Heterogenität der Verbände ist es nun gelungen, gemeinsame Qualitätskriterien für professionelle Beratung zu verabschieden. Das zwölfseitige Dokument „Essentials einer Weiterbildung Beratung / Counseling“ steht auf der Internetseite des Dachverbandes zur Verfügung. Die dort ausgeführten Kriterien definieren präzise Inhalte einer fundierten Weiterbildung, die bei der Person des Beraters einsetzen, die Rahmenbedingungen klären und zur Reflexion der eigenen Beratungspraxis ermutigen. Damit liegen jetzt hilfreiche und klar strukturierte Standards an Qualitätskriterien vor, die mehr Licht in den undurchsichtigen Beratungsmarkt bringen.

Leider ist das Verhältnis zu den zahlenreichen Coaching-Anbietern (vgl. MD 12/2005, 471f) nicht angesprochen oder geklärt worden. Dies ist eine wichtige Zukunftsaufgabe, weil Berater und Coachs in weiten Teilen einen gemeinsamen Markt bedienen und die Übergänge zwischen Beratung und Coaching fließend sind. Vielleicht wirken die Weiterbildungsstandards für Beratung ja auch anregend auf die Coaching-Szene. Wann folgen ein ähnlicher Dachverband und ein vergleichbarer Qualitätskatalog der Coaching-Verbände?


Michael Utsch