Eziden (Jesiden)

Resheba: Film über den Völkermord an Eziden

Die Eziden (Jesiden) im Nordirak wurden 2014 zu vielen Tausenden von der Terrororganisation Islamischer Staat vertrieben und in grauenhaften Massakern ermordet. Der erste Spielfilm, der sich mit dem Genozid befasst, kam jetzt in Deutschland in die Kinos.

„Reşeba – The Dark Wind“1 verarbeitet das Schicksal der Eziden am Beispiel eines jungen ezidischen Paares, das durch den IS-Überfall kurz vor der Hochzeit getrennt wird. Die Protagonistin Pero (Dimen Zandi) wird verschleppt, versklavt, verkauft und vergewaltigt. Ihr Verlobter Reko (Rekish Shabaz) macht sich auf die Suche nach der Geliebten und findet sie nach einer Odyssee des Schreckens in einem Flüchtlingslager. Die überlebenden Opfer der Gewalt werden vom Religiösen Rat der Eziden in Lalish, dem heiligen Ort der Eziden, mit religiösem Zeremoniell empfangen, um wieder in die Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Doch nach dem Erlebten ist ein normales Leben kaum möglich.

In dem bewegenden Drama werden die Hauptrollen (bis auf Pero) von Eziden übernommen, wodurch die Eindringlichkeit ebenso gesteigert wird wie durch die Inszenierung an Originalschauplätzen. In Lalish wurde überhaupt zum ersten Mal gedreht. Zunächst war eine klassische Dokumentation geplant, was sich aber als schwer durchführbar erwies. So wurde der Film des kurdischen Regisseurs Hussein Hassan, der 2016 unter teilweise lebensgefährlichen Bedingungen entstand, der erste Spielfilm über die Eziden. Die Arbeit wurde aus Mitteln des Kirchlichen Entwicklungsdienstes gefördert, eine DVD-Ausgabe für die Bildungsarbeit ist geplant.

„Reşeba“ erhielt einige Auszeichnungen, so z. B. den Hauptpreis des Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg. Unter Eziden waren die Reaktionen allerdings gemischt. Der Zentralrat der Êzîden in Deutschland betonte, dass der brutale IS-Terror, den die Eziden erleiden mussten, „eine existentielle Grenzerfahrung unvorstellbaren Ausmaßes“ für die Gemeinschaft war. Allerdings kritisierte er die „subtile Botschaft“ des Films, dass die freigekommenen Ezidinnen trotz ihrer Wiederaufnahme in die Religionsgemeinschaft durch religiöse Rituale soziale Außenseiterinnen geblieben seien, die nicht mehr in die Gemeinschaft passten. Dies sei eine pauschalierende Unterstellung, die die Autorität des Religiösen Rates der Eziden anzweifle und damit die Religionsgemeinschaft diskriminiere. Die betroffenen Ezidinnen würden zudem erneut zu Opfern gemacht, und das Leid der Eziden werde dadurch vergrößert.

Die ezidischen Mädchen und Frauen seien vielmehr weder verstoßen noch an den Rand der Gesellschaft gedrängt worden, ihr Platz befinde sich „in der Mitte der Gesellschaft“. Sie redeten offen über ihr Leid und versuchten auf vielerlei Weise, auf das Schicksal der etwa 2800 Eziden aufmerksam zu machen, die sich noch immer in Gefangenschaft des IS befänden – überwiegend Frauen und Kinder.

Eine herausragende Stimme ist die von Nadia Murad, die vom Europäischen Parlament ausgezeichnet wurde sowie als UN-Sonderbotschafterin für die Entrechteten unterwegs ist. Im Oktober 2017 erschien ihr Buch „Ich bin eure Stimme. Das Mädchen, das dem Islamischen Staat entkam und gegen Gewalt und Versklavung kämpft“.

Aufsehen erregte auch die Dokumentation der ezidischen Journalistin Düzen Tekkal, die sich mit ihrem Vater zusammen auf die Reise zurück zu ihren Wurzeln machte und eindrücklich darüber berichtete: „Hawar – Meine Reise in den Genozid“ (2016).

Der „Zentralrat der Êzîden in Deutschland“ (ZÊD) wurde im Januar 2017 in Bielefeld gegründet. Der 2007 in Oldenburg gegründete „Zentralrat der Yeziden“ löste sich daher auf, seine Mitgliedsvereine führen ihre Arbeit im neuen Zentralrat weiter, der als Zusammenschluss von 29 ezidischen Vereinen und Organisationen – darunter auch die Gesellschaft Ezidischer AkademikerInnen (GEA) – jetzt der bundesweite Dachverband der Eziden ist. Die Fusion stärkt die gemeinsame Interessenvertretung, Vorsitzender ist der Politologe und Lehrer Irfan Ortaç (Ortac).


Anmerkungen

  1. Reşeba – The Dark Wind, mîtosfilm, Irak, Deutschland, Qatar 2016, 89 Min., FSK o. A., Regie: Hussein Hassan, Produktion: Mehmet Aktaş; epd-Filmkritik: www.epd-film.de/filmkritiken/reseba-dark-wind