Aleviten

Rheinland-Pfalz schließt Vertrag mit Alevitischer Gemeinde

(Letzter Bericht: 8/2018, 291-300) Am 9. April 2019 wurde das 30-jährige Jubiläum der Alevitischen Gemeinde Deutschland e. V. (AABF) zum Anlass genommen, um den Vertrag zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und der Alevitischen Gemeinde Deutschland e. V. öffentlichkeitswirksam zu ratifizieren. Ministerpräsidentin Malu Dreyer hob die Alevitische Gemeinde als gelungenes Beispiel für Integration hervor, da sie mit ihrem Eintreten für Toleranz und Dialog die demokratische Kultur in Rheinland-Pfalz bereichere.

Die rheinland-pfälzische Landesregierung kündigte bereits in ihrem Integrationskonzept 2013 Vertragsverhandlungen mit den verschiedenen islamischen Verbänden an. Diese Absichtserklärung wurde 2015 in Form von ersten Gesprächen mit der Ahmadiyya-Muslim-Jamaat (AMJ), dem DİTİB Landesverband Rheinland-Pfalz e. V., der Schura Rheinland-Pfalz, dem Verein Islamischer Kulturzentren (VIKZ) und der Alevitischen Gemeinde Deutschland e. V. umgesetzt. Infolge des Putschversuches in der Türkei im Juli 2016 und der darauf folgenden innenpolitischen Entwicklungen hat die Landesregierung die Verhandlungen mit den islamischen Verbänden jedoch ausgesetzt und ergänzende Gutachten in Auftrag gegeben, um sich einen Überblick über die neue politische Situation zu verschaffen.

Die Vertragsverhandlungen wurden daraufhin zunächst komplett ausgesetzt. Mit der Alevitischen Gemeinde e. V. wurden sie jedoch wieder aufgenommen, weil die rheinland-pfälzische Landesregierung betonte, dass die Aleviten eine Ausnahme unter den islamischen Gesprächspartnern darstellen. Zwar werden sie als islamische Glaubensgemeinschaft angesehen, doch die religiösen Unterschiede zu den anderen islamischen Verbänden in Rheinland-Pfalz werden als so gravierend eingestuft, dass ein gemeinsamer Vertrag ausgeschlossen wird.

Die Ministerpräsidentin betrachtet den Vertrag als Erfüllung des Verfassungsauftrages der Regierung, da er der Alevitischen Gemeinde ermögliche, nach eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen zu leben. Das Recht auf Religionsfreiheit wird in dem Vertrag bestätigt und konkretisiert. Durch Artikel 3 wird etwa geregelt, dass Bedienstete des Landes und Schüler an bestimmten religiösen Feiertagen Anspruch auf Freistellung haben. Ferner wird in Artikel 6 des Vertrages dokumentiert, dass der Alevitische Religionsunterricht ein ordentliches Unterrichtsfach ist und gemäß Artikel 7 GG in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Alevitischen Gemeinde erfolgt. Zudem wird im Vertrag ein enges Zusammenwirkungen in Form regelmäßiger Gespräche vereinbart und gemeinsame Wertegrundlagen benannt.

Rheinland-Pfalz ist neben den Stadtstaaten Hamburg und Bremen das dritte Bundesland, das einen Vertrag mit der Alevitischen Gemeinde Deutschland geschlossen hat. Für die anderen islamischen Gemeinschaften, die zunächst an den Verhandlungen mit der Landesregierung beteiligt waren, ist ein Vertrag in weite Ferne gerückt. Auf Grundlage der fachlichen Zusatzgutachten erklärte die Landesregierung, dass die Verhandlungen vorerst nicht wieder aufgenommen würden, da vor allem DİTİB Rheinland-Pfalz und Schura Rheinland-Pfalz konsequenter an ihrer Unabhängigkeit von Dritten arbeiten müssten. Prinzipiell hält die Landesregierung jedoch an einer Stärkung der Integration von Musliminnen und Muslimen fest.

Hanna Fülling