Säkulare Buskampagne
(Letzter Bericht: 4/2019, 147-149) Atheistisch-laizistische Akteure haben für 2019 eine „Säkulare Buskampagne“ angekündigt. Das Motto der Initiative lautet „Kirchenstaat? Nein Danke.“ Sie wird von der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) in Kooperation mit dem Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) sowie dem Humanistischen Pressedienst (hpd) durchgeführt. Die Kampagne zielt darauf ab, vermeintliche „Kirchen-Privilegien“ abzuschaffen. Als Kirchen-Privilegien werden etwa Rechte bezeichnet, die sich aus der Organisationsform als selbstständigem Verwaltungsträger des öffentlichen Rechts, dem Körperschaftsstatus, ergeben. Doch plädieren die Initiatoren auch dafür, den christlichen Einfluss auf ethische Debatten, wie er sich am Beispiel von Schwangerschaftsabbrüchen und Sterbehilfe manifestiere, zurückzudrängen. Es scheint der Kampagne also nicht nur daran gelegen, die sogenannte hinkende Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften durch laizistische Impulse zu verändern, sondern auch die Einflussnahme von religiös fundierten Argumentationen und Wertebindungen aus dem politischen Raum zurückzuweisen.
Der Zeitpunkt der Kampagne ist bewusst gewählt, denn 2019 finden zwei wichtige Jubiläen in Deutschland statt: 100 Jahre Weimarer Reichsverfassung – aus der wesentliche Religionsartikel in das Grundgesetz inkorporiert wurden – sowie 70 Jahre Grundgesetz. Mit der Buskampagne möchten die Initiatoren „die Politikerinnen und Politiker aus ihrer religiösen Filterblase … befreien“ (www.giordano-bruno-stiftung.de/meldung/buskampagne-2019). Sie verstehen die Kampagne als Aufklärung der unaufgeklärten Geister. Allerdings macht der Vorstandssprecher der gbs Michael Schmidt-Salomon mit einem augenzwinkernden Verweis auf Karl Marx deutlich, dass es der Kampagne nicht nur um Bewusstseinsbildung geht, sondern dass eine Neuordnung der Verhältnisse angestrebt wird.
Die Kampagne ist nicht die erste dieser Art. Bereits vor zehn Jahren gab es eine Initiative, in der Busse unter dem Motto „Gottlos glücklich“ durch Deutschland fuhren. Die Veranstalter erklären sich mit dem Ergebnis von 2009 sehr zufrieden, da inzwischen in der Gesellschaft angekommen sei, dass es keinen Gott für ein sinnerfülltes Leben brauche. Sie möchten an diese Wirkung anknüpfen und auch 2019 Menschen von ihrer religionskritischen Botschaft überzeugen.
Die Deutsche Bahn hat den Initiatoren untersagt, Großplakate zur Bewerbung der Kampagne aufzuhängen, da sie ihr fehlende Neutralität attestiert. Die Initiatoren können das Argument nicht nachvollziehen. Sie verstehen ihre Botschaft gegen den Einfluss von Kirche und Religion im politischen und öffentlichen Raum nicht als eigene Weltanschauung, sondern als Neutralitätsimpuls.
Die Neutralität ist ein umkämpftes Prinzip, das wird daran einmal mehr deutlich. Sie sollte als kritisch-normatives Prinzip verstanden werden, durch das bestehende Ungerechtigkeiten aufgezeigt und Veränderungen angeregt werden. Sie darf jedoch nicht als Argument verwendet werden, um eine eigene Weltanschauung zur Doktrin zu erheben.
Hanna Fülling