Schächten in Judentum und Islam
(Letzter Bericht: 3/2002, 91f.; 4/2003, 144) Die „Jüdische Allgemeine“ berichtet über eine internationale Fachtagung zum Thema des rituellen Schächtens aus der Sicht von Veterinärmedizinern, Neurologen, Tierschützern u.a., die am ersten April-Wochenende in Berlin stattfand. In Anbetracht der rechtlich ungeklärten Situation aufgrund einander widersprechender Gerichtsurteile sollte den Veterinärämtern Entscheidungshilfe geboten werden.
Unterschiedliche Meinungen gab es über das Ausmaß des Schmerzes, der den Tieren bei unterschiedlichen Schlachtungsmethoden zugemutet wird. Im Prinzip sollen bei einem vorbildlichen Schächtungsvorgang dem Tier Haut, Zungenmuskulatur, Luftröhre, Speiseröhre, Halsschlagader, Drosselvenen und zahlreiche Nerven durchgetrennt werden. Durch den Blutdruckabfall im gesamten arteriellen System wird schnell Bewusstlosigkeit herbeigeführt. Bei Rindern wird die Bewusstlosigkeit durch einen langsameren Blutdruckabfall aufgrund einer Mitbeteiligung der Wirbelsäulenschlagader verzögert, sie sind allerdings, insbesondere im Islam, der seltenere Fall in der Schächtungspraxis (hier werden Schafe und Hühner bevorzugt). Schmerz wird, darin sind sich alle einig, dem Tier beim Schächten in jedem Falle zugefügt, ob und wie stark es diesen wahrnimmt, ist wiederum Gegenstand von Meinungsunterschieden. Tiere, die ohnehin eher schmerzempfindungsarm sind, werden diesen auch bei der Schlachtung kaum spüren, meinte etwa der Neurophysiologe Manfred Zimmermann aufgrund von Laboruntersuchungen an Ratten und Mäusen. Dieser Meinung wurde jedoch auch widersprochen. Wesentlich für die Schmerzbelastung sei auch die Art der Fixierung des Schlachttieres – eine aufrechte Fixierung vor dem Schnitt sei optimal, wurde auf dem Hintergrund der Praxis jüdisch-rituellen Schlachtens in nordamerikanischen Schlachthöfen argumentiert. Auch Betäubungsarten wurden diskutiert, die partiell von jüdischen Gemeinschaften in Österreich, Schweden und den USA anerkannt werden. Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. ist bereit, Ausnahmegenehmigungen zum Schächten unter folgenden Voraussetzungen zu akzeptieren: schonende Fixierung in aufrechter Körperhaltung, optimaler Entbluteschnitt, unverzügliche Betäubung bei fehlerhaften Schnitten, Sachkunde der Durchführenden sowie Hygiene.
Ulrich Dehn