Schwere Krisen erschüttern Fiat Lux
(Letzter Bericht: 5/2001, 177f) Im Dezember des vergangenen Jahres schien die Welt für den vom Tieftrancemedium "Uriella" alias Erika Bertschinger-Eicke geleiteten "Orden Fiat Lux" noch halbwegs in Ordnung: Wie erwartet gelang es auf der außerordentlichen Hauptversammlung des Tierschutzvereins Waldshut-Tiengen und Umgebung nicht, den Gatten Uriellas, Eberhard Bertschinger-Eicke alias "Icordo", auszuschließen. Der Ausschluss der in Scharen in den Verein eingetretenen Fiat Lux-Mitglieder (siehe dazu MD 5/2001, 177f) stand wegen fehlender Rechtsgrundlage schon gar nicht mehr zur Debatte. So kam es, wie es kommen musste: der Vereinsführung war es im Gegensatz zu Icordo nicht gelungen, genügend Tierschützer für die Hauptversammlung zu mobilisieren, so dass keine Mehrheit für den Ausschluss zustande gebracht werden konnte. "Die göttliche Gerechtigkeit hat gesiegt", meinte ein sichtlich triumphierender Icordo in die Fernsehkamera eines anwesenden ARD-Teams.
Kurz darauf erschütterten jedoch heftige Irritationen die Sekte. Uriella höchstpersönlich erklärte das Projekt Fiat Lux intern für gescheitert, weil die Mitglieder komplett versagt hätten. Und die Strafe folgte auf dem Fuß: Uriella erhielt keine göttlichen Offenbarungen mehr, was sonst mit kalendarischer Pünktlichkeit jeweils am letzten Sonntag des Monats geschah. Die psychischen Folgen des "Offenbarungsentzugs" müssen für einige Fiat Lux-Mitglieder verheerend gewesen sein. Durch ein Versehen Icordos geriet die Nachricht vom Sendeschluss Gottes außerdem in die Medien und löste einigen Wirbel aus. Uriella versuchte zwar, der Geschichte dadurch den Wind aus den Segeln zu nehmen, dass sie erklärte, der Heiland verschone sie derzeit von ihrem Offenbarungsamt, damit sie mehr Zeit für die fälligen Steuererklärungen (!) habe, der Imageschaden war aber schon wegen dieser hanebüchenen Erklärung immens.
Den Eindruck des "Sprach-Rohrbruchs" (so die Formulierung eines Schweizer Journalisten) wollte Uriella daher allem Anschein nach nicht stehen lassen und verkündete ihren Anhängern, dass es am Palmsonntag im Raum Ulm zu einer größeren Katastrophe, wahrscheinlich einem Anschlag, kommen könnte. Alle "Fiat Lux-Träger", die in Ulm oder einem Umkreis von 120 Kilometern um Ulm wohnten, sollten sich besser in den Fiat-Lux-Häusern im Schwarzwald einfinden. Sehr zum Ärger Uriellas und Icordos gelangte auch diese Warnung durch eine Indiskretion in die Medien und löste einen noch größeren Rummel aus als die Offenbarungspause. Die ungewollte Publicity hinterließ bei Uriella und Icordo neben allem Ärger auch eine gewisse Verunsicherung, denn beide zeigten sich bestürzt darüber, dass offensichtlich eigene Anhänger Vertrauliches nach außen tragen. Icordo bemühte sich, aus der Not eine Tugend zu machen, und erklärte, dass die Anschlagspläne durch die Indiskretion nun natürlich hinfällig seien und die Terroristen (es seien die gleichen wie am 11. September) nichts unternehmen würden, schon um Uriella als Lügnerin bloßzustellen. Dabei fiel auf, dass er sich immer mehr in wildeste Verschwörungstheorien verrennt, von dunklen Machenschaften der Illuminaten und Logenbrüder spricht und dabei gleich noch eine dritte Konspirationsclique ausgemacht hat: die der kirchlichen Sektenbeauftragten!
Logenbrüder seien außerdem dafür verantwortlich, dass Uriella auch noch den Rechtsstreit mit einer ehemaligen Anhängerin um die Rückzahlung eines Darlehens (siehe MD 6/2000, 210f) letztinstanzlich vor dem Schweizer Bundesgericht verloren hat und inklusive der Verfahrenskosten nun 745 000 Schweize Franken zahlen muss. Dieses Urteil dürfte die finanzielle Situation des "Ordens" noch verschärfen, denn der Mitgliederrückgang, versiegende Einnahmen aus dem Medikamentenhandel, die hohe Geldstrafe wegen Steuerhinterziehung und nicht zuletzt Uriellas aufwendiger Lebensstil haben die Kasse in den letzten Jahren stark strapaziert. Vor diesem Hintergrund dürfte auch der Offenbarungsstop zu verstehen sein: es geht wohl letztendlich um eine Disziplinierung der Mitglieder, die sich vermehrt anzustrengen hätten, also wohl auch mehr Geld an die Sekte abführen sollen.
Wie sich außerdem herausstellte, zielte der Vorwurf des Versagens vor allem auf Uriellas engere Entourage in den Schwarzwaldgemeinden Ibach und Görwihl, während die Anhänger in der Fiat Lux-Dependance Gallizien/Kärnten anscheinend ungeschoren davonkamen. Hier wird sogar allmählich eine Nachfolgerin für Uriella aufgebaut. Die als "liebe Vera" bezeichnete Frau ist angeblich eine Reinkarnation des Erzengels Michael und steht in dieser Hinsicht pikanterweise über Uriella selbst. Im Moment scheint die "liebe Vera" allerdings (noch) nicht von allen Fiat Lux-Mitgliedern akzeptiert zu werden. Wie dem auch sei: die von außen nur schwer durchschaubaren Rivalitäten deuten auf erste Diadochenkämpfe um die Nachfolge der immerhin schon 73 Jahre alten Uriella, die auch das Ehepaar Bertschinger-Eicke zunehmend zu entzweien scheinen. Außerdem zeigt der Umstand, dass offenbar unzufriedene Mitglieder immer wieder ordensinterne und vertrauliche Informationen nach außen dringen lassen, dass die Stimmung derzeit sehr schlecht sein muss. Da dürfte es nicht einmal ein Trost sein, dass Fiat Lux es endgültig geschafft hat, zur Touristenattraktion aufzusteigen, indem das "Heiligtum" der Sekte samt Foto in einem neu erschienenen Kultur- und Naturführer über diesen Teil des Südschwarzwalds aufgeführt wird ...
Christian Ruch, Zürich