Tagung zum Thema „2012“
Zu einer Tagung mit dem Thema „2012 – Globale Transformation. Die Zukunft der Menschheit“ hatte die evangelisch-reformierte und die katholische Arbeitsgruppe „Neue religiöse Bewegungen“ gemeinsam mit dem Evangelischen Tagungs- und Studienzentrum Boldern am 25. und 26. November 2011 an den Zürcher See eingeladen. Im Zentrum stand die mittlerweile in vielen Zusammenhängen zitierte Aussage des Maya-Kalenders, wonach am 21.12.2012 das Ende der Geschichte und der Untergang der Welt bevorstehe.
Als erster Referent schockierte der Astronom Arnold Betz von der ETH Zürich mit der klaren Aussage: Das Universum wird zugrunde gehen. Allerdings folgten dann „astronomische Zahlen“, die das Geschehen auf astrophysikalische Dimensionen hoben. Gegenwärtige Aktivitäten der Sonne, Meteoriten und die Zukunft der Sonne nannte er als Auslöser dieses Geschehens. Schließlich werde das Sternenlicht erlöschen. Die Zahlenangaben von einigen Milliarden bis zu 100 Billionen Jahren ließen die Teilnehmer jedoch entspannt in ihre Sitze lehnen. Betz sprach von dem „täglich geschenkten Universum“ und von einer offenen Zukunft, die es möglich machten, das Universum auch angesichts der Astrophysik als Schöpfung zu deuten.
Georg Otto Schmid, Zürich, führte in die komplexen Strukturen des Maya-Kalenders ein. Ausgehend von einem Nullpunkt – nach unserer Zeitrechnung der 11.8.3114 v. Chr. – endet der Kalender am 21.12.2012. Anhand zahlreicher Zeugnisse zeigte Schmid die besondere Fähigkeit der Maya, mit Tagesmantik und heiligen Zahlen zu jonglieren. Was allerdings am Ende geschehen soll, bleibe im Ungewissen. Es sei wohl weniger eine universale Katastrophe im Blick als vielmehr ein gleitender Übergang in ein neues Zeitalter, in dem auf neuem Niveau die verschiedenen Zeitphasen wieder durchlebt werden. Nicht zuletzt die gegenwärtige Verbindung zwischen Theosophie, Esoterik und Maya-Spiritualität, z. B. bei dem amerikanischen Schriftsteller und esoterischen „Forscher“ José Argüelles (1939-2011), führten dazu, dass den Datierungen der Maya bei uns so große Aufmerksamkeit entgegengebracht wird. So konnte es zu esoterischen Umdeutungen der Zeitvorstellungen der Maya kommen, bei denen der Aufstieg des Menschen in höhere Dimensionen, Lichtarbeit und eine „pädagogische Reinkarnationslehre“ hinzugefügt wurden. Während Ideologen des Maya-Untergangsszenarios bereits „Weltendeverzögerungs-Strategien“ (Phasenverschiebungen und doch „nur“ ein Bewusstseinswandel) erwägen, sei – so Schmid – mit Sorge zu beobachten, welche Reaktionen es bei denjenigen geben wird, die diesen Botschaften geglaubt und ihr Leben darauf eingerichtet haben und die am 22.12.2012 vor einem Scherbenhaufen stehen werden (vgl. zum Maya-Kalender MD 1/2012, 5ff).
Jean-Francois Meyer, Direktor des Institut Religioscope in Freiburg (Schweiz), referierte zum Thema „Apokalyptik und Gewalt“. Er verwies auf die Morde und Selbstmorde in Waco (Davidianer), bei den Sonnentemplern und bei Heaven’s Gate, wo man die Flucht nach vorne antrat und der kommenden Endzeitkatastrophe mit der Entleibung und der danach erwarteten Reise zum Sirius zuvorkam. Vor allem aber berichtete er über seine Forschungen zu Apokalyptikern in Uganda, wo die Sekte „Movement for the Restoration of the Ten Commandments“ mit apokalyptischen Visionen missionierte und zahlreiche Mitglieder sich selbst am 17. Juni 2000 in einer Kirche verbrannten. Georg Schmid sprach über „Transformation und Weltende in christlicher Sicht“. Er forderte, das Thema Apokalypse nicht den Spöttern und Sektierern zu überlassen, sondern zu einer christlichen Endzeitkultur zu gelangen, in der der „apokalyptische Mehrwert“ formuliert wird: die Erwartung, dass das Wesentliche bleibe, während das Äußere vergehe. Schmid verwies auf die Ikonografie des Weltendes in der christlichen Kunst von der Frühzeit bis zu Dali. Und er stellte Jesus als Endzeitpropheten vor, der das kommende Reich Gottes nicht mit Panik und Ängsten verband, sondern mit Hoffnung, Trost und positiver Erwartung. Damit eröffnet eine christliche Endzeitkultur mit der Botschaft von einer schon angebrochenen neuen Welt die Chance des Umdenkens und des Transformierens der Gesellschaft ohne Ansprüche von Monopol und Moral.
Altmeister Erich von Däniken schließlich durfte nicht fehlen: Er entfaltete mit Pathos und Routine seine Thesen von dem frühen Kommen von Außerirdischen und ihrer Wiederkehr ab Dezember 2012 (s. auch sein Buch „Götterdämmerung. Die Rückkehr der Außerirdischen“).
Insgesamt zeigte die Tagung, wie vielfältig das Thema ist, wie stark apokalyptische Vorstellungen die abendländische Kultur geprägt haben und wie die wirtschaftlichen, politischen und ökologischen Krisen Menschen wieder für apokalyptische Botschaften empfänglich machen – selbst solche, die sich als säkular und atheistisch bezeichnen.
Jan Badewien, Karlsruhe