Jehovas Zeugen

Teilerfolg auf dem Weg zur Erlangung des Körperschaftsstatus in Bremen

(Letzter Bericht: 8/2015, 309-311) Der im Mai 2011 gefasste Beschluss der Bremischen Bürgerschaft, Jehovas Zeugen in Deutschland den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht zuzuerkennen, wurde vom Bundesverfassungsgericht (BVG) für unzulässig erklärt. Die Bremische Bürgerschaft hatte auf Empfehlung des Rechtsausschusses die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts abgelehnt und ihre Entscheidung damit begründet, dass die Religionsgemeinschaft „keine Gewähr der Rechtstreue“ biete. In der Empfehlung war zu lesen, dass durch das Verbot, mit ausgetretenen oder ausgeschlossenen Mitgliedern in Kontakt zu treten, das Grundrecht auf Achtung des Familienlebens und der Ehe beeinträchtigt sei. Dies wiederum führe dazu, dass austrittswillige Mitglieder festgehalten würden und so deren Recht auf Religionsfreiheit gefährdet sei (Bericht des Rechtsausschusses, Drucksache 17/1753). Weiter heißt es in der Empfehlung des Rechtsausschusses, dass durch das Verbot der Bluttransfusion Leib und Leben minderjähriger Kinder und Jugendlicher gefährdet sei.

Aus formalen Gründen wurde der Beschluss der Bremischen Bürgerschaft am 30.6.2015 vom BVG gekippt. Wie aus der am 11.8.2015 veröffentlichten Pressemitteilung hervorgeht, obliegt zwar jedem Land das Recht, selbstständig eine Prüfung durchzuführen und ggf. die Verleihung des Körperschaftsstatus zu verwehren. Jedoch sei Artikel 61 Satz 2, auf den sich die Bremer Bürgerschaft in ihrem Beschluss bezieht, verfassungswidrig und somit nichtig (2 BvR 1282/11).

Damit besitzt die Religionsgemeinschaft in Bremen zwar noch keinen Körperschaftsstatus. Einer Pressemitteilung von Jehovas Zeugen vom 11.8.2015 zufolge gehen diese aber davon aus, „dass nun Bewegung in die noch offenen Zweitverleihungsverhandlungsverfahren kommt … Die mehr als 2000 Zeugen Jehovas in Bremen erwarten nun, dass auch ihnen ihre legitimen Rechte vollständig gewährt werden.“ Die Bremische Bürgerschaft hingegen bedauert, „dass das Bundesverfassungsgericht sich nicht inhaltlich mit der Frage beschäftigt hat, ob die Zeugen Jehovas die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anerkennung erfüllen“ (Pressemitteilung vom 11.8.2015).

Nachdem Jehovas Zeugen 2006 erstmals in Berlin der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen worden war, folgten die sogenannten Zweitverleihungen durch weitere Bundesländer. Heute haben Zeugen Jehovas in 13 der 16 Bundesländer den Körperschaftsstatus (nicht in Baden-Württemberg, Bremen und Nordrhein-Westfalen). Mit dem Körperschaftsstatus ist u. a. verbunden, dass der Religionsgemeinschaft besondere Berücksichtigung im Baurecht gewährt wird und dass sie weniger Steuern und Gebühren zahlen muss. Zudem könnte die Religionsgemeinschaft selbst Steuern erheben. Mit Blick auf Länder wie Österreich, in denen Jehovas Zeugen schon voll anerkannt sind, ist aber davon auszugehen, dass es nicht zu Steuererhebungen kommen wird. Auch ist es fraglich, ob eine bundesweite Zuerkennung des Körperschaftsstatus zu einer Aufwertung der Gemeinschaft führen würde. Gesellschaftliche Anerkennung kann schließlich nicht allein durch einen rechtlichen Status erlangt werden, sondern erst durch das tatsächliche Verhalten.


Christian Henneberger, Berlin