The Devil. A New Biography
Philip C. Almond, The Devil. A New Biography, I. B. Tauris, London 2014, 270 Seiten, 20,00 GBP.
Das Schlagwort Biographie erfreut sich in jüngerer Zeit in den Kulturwissenschaften eines geradezu inflationären Gebrauchs, wenn etwa metaphorisch von sogenannten Objektbiographien gesprochen wird. Jack Miles lag damit, als er im Jahr 1996 eine „Biographie“ des biblischen Gottes veröffentlichte, die im anglophonen Sprachraum dann auch zu einem Bestseller aufstieg, voll im Trend. So war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis nun werbewirksam eine Biographie des Teufels auf dem englischen Buchmarkt in Erscheinung tritt.
Der Historiker und Spezialist für frühneuzeitliche Hexenverfolgung und Besessenheitsvorstellungen Philip C. Almond legt ein Buch über Teufelsvorstellungen vor, das sich im Untertitel des Bildes der Biographie bedient. Der Verfasser möchte zwei Fragestellungen in verknüpfter Weise beantworten. Einerseits möchte er die Entwicklung der Vorstellungen vom Teufel aufzeigen und andererseits zeigen, wie eine voll entfaltete Lehre vom Teufel, wie sie von westlichen christlichen Theologen in der frühen Neuzeit vertreten wurde, sich das Handeln des Teufels in der am Ende dennoch zum Heil gewendeten Geschichte vorstellte. Almond grenzt seinen Betrachtungszeitraum und die von ihm berücksichtigten theologischen Traditionen klar ab. Er setzt mit dem biblischen und frühjüdischen Schrifttum ein und endet mit der Dekonstruktion des klassischen Teufelsglaubens durch den niederländischen Theologen Balthasar Bekker und Daniel Defoes „History of the Devil“ von 1726. Seine Geschichte des Teufels endet analog zu derjenigen Defoes in der Frühaufklärung. Der Fortexistenz traditioneller Teufelsvorstellungen und deren Renaissance in bestimmten Spektren pentekostalen und charismatischen Christentums widmet er sich infolgedessen nicht. Ebenso thematisierte er nicht säkularisierte Formen der Rede vom Teufel und die Verwendung der Teufelssymbolik und Metaphorik in gegenkulturellen Protestbewegungen des 19. und 20. Jahrhunderts. Weiterhin bleiben auch Teufelsvorstellungen im Islam unberücksichtigt.
Vergleicht man das Buch mit Paul Metzgers „Der Teufel“ (s. MD 9/2013, 355f), so bildet Almonds Buch sozusagen eine Vertiefung dessen, was Metzger in seinem ersten Kapitel „Die Geschichte des Teufels“ bietet. Es entfällt jedoch gegenüber Metzgers Buch die Annäherung an das Thema über seine Vorgeschichte in Form altägyptischer und altorientalischer Götter und Zwischenwesen. Almond setzt mit der biblischen und frühjüdischen Literatur ein, die er in nacherzählender Weise einführt und deren Aussagen er miteinander verknüpft und vergleicht. Auch wenn er die Kirchenväter und die mittelalterliche Theologie thematisiert, so nimmt im weiteren Verlauf seines Buches die Darstellung von Teufelsvorstellungen im Kontext spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Hexerei- und Besessenheitsvorstellungen einen zentralen Platz ein. Es gelingt ihm, den Fokus auf den hiermit assoziierten Teufelsvorstellungen zu halten. Seine Darstellung gleitet nicht in eine allgemeine Geschichte der Hexereiimaginationen oder Hexenverfolgungen ab. Dies zeigt sich beispielsweise darin, dass er im Rahmen seiner Darstellung der Dekonstruktion des Teufelsglaubens nicht auf juristisch begründete Kritik an der Praxis der Hexenverfolgung eingeht, wie sie etwa von Friedrich Spee vorgetragen wurde, sondern auf die theologische und philosophische Kritik am Teufelsglauben an sich fokussiert bleibt. Sein Blick ist dabei insbesondere auf englische und schottische Hexerei- und Teufelsvorstellungen gerichtet, und er zeigt, wie sich diese von kontinentalen Konzepten unterschieden. In diesem Zuge thematisiert er auch die Diffusion kontinentaler Herxereikonzepte, wie sie beispielsweise im „Hexenhammer“ zusammengestellt sind, nach England. Er betont dabei die Rolle, die im Untergrund wirkende katholische Geistliche mit ihren transnationalen Netzwerken spielten.
Für den Rezensenten stellt insbesondere diese prägnant englisch-schottische Perspektive auf die Geschichte des Aufstiegs und der Überwindung des Teufelsglaubens das hervorzuhebende Merkmal des Buches dar. Es werden in diesem Zuge theologische und philosophische Autoren und Traditionslinien thematisiert, die in Deutschland weniger bekannt sind als lutheranische oder katholische Perspektiven. Letztlich spiegelt sich dies in der verwendeten Literatur wider. Wer im Literaturverzeichnis nach weiterführender Literatur sucht, wird dort zwar jüngst erschienene Literatur finden, jedoch kaum nicht-anglophone Literatur. Dies ist insoweit problematisch, als viele grundlegende Arbeiten zum Thema auf Deutsch oder Französisch erschienen. Auch erscheint es etwas seltsam, dass das Literaturverzeichnis die theologischen Quellentexte, so etwa von Thomas von Aquin oder Johannes Calvin, nicht unter dem Namen des Autors bzw. dem Titel, falls es sich um anonyme Texte handelt, sondern unter dem Namen des Übersetzers oder Herausgebers aufführt.
Wer eine ergänzende Darstellung zu Metzgers erstem Kapitel sucht und insbesondere im Blick auf die Darstellung der frühen Neuzeit den angesprochenen Perspektivenwechsel vornehmen möchte, dem kann das Buch empfohlen werden. Es bietet jedoch nicht die thematische Breite von Metzgers theologisch verantworteter Einführung und möchte auch ausdrücklich keine theologische Reflexion des Problemfeldes bieten. Almond beschränkt sich auf eine historisierende Sichtweise. Er betont selbst, dass das vorliegende Buch als eine säkulare Ideengeschichte des Teufels (secular history of the idea of the Devil) zu verstehen sei (222). Diese Selbstcharakterisierung trifft den Ansatz des Buches sehr gut, vielleicht sogar besser als das Stichwort Biographie, und so hätte das Buch sicherlich auch unter dem entsprechenden Titel „Ideengeschichte des Teufels“ vertrieben werden können, auch wenn dieser Begriff in den gegenwärtigen Kulturwissenschaften weniger populär ist.
Harald Grauer, Sankt Augustin