Theologisches Forum Christentum - Islam
Am Wochenende vom 3. bis 5. März 2006 traf sich zum vierten Mal das Theologische Forum Christentum – Islam in der katholischen Akademie in Stuttgart-Hohenheim, das jährlich jeweils am ersten Märzwochenende unter der Federführung eines mehrköpfigen Teams in der Verantwortung des Studienleiters Hansjörg Schmidt tagt. Nach zwei Tagungen, die der christlichen Reflexion zum Thema Dialog mit dem Islam gewidmet waren, war dies inzwischen die zweite Tagung, die auch muslimische Referenten und Referentinnen einbezog; und auch die Teilnehmerschaft (diesmal 90 Personen) quer durch die meisten christlichen und muslimischen Konfessionen war zu fast gleichen Teilen christlich und muslimisch.
Das Thema „Identität durch Differenz? Zur Rolle der wechselseitigen Abgrenzungen in Christentum und Islam“ wurde in einer Reihe von Vorträgen historisch und theologiegeschichtlich sowie kulturtheoretisch beleuchtet, während ein „offenes Forum“ die Möglichkeit bot, verschiedene Projekte und Forschungsvorhaben in Voten von jeweils wenigen Minuten vorzustellen und anschließend in kleinen Gruppen zu diskutieren. Projekte zur Theodizeefrage in Christentum und Islam, zu christlich-muslimischen Beziehungen in Polen und zum Gottesbild und der religiösen Praxis von Kindern in christlich-muslimischen Familien, über Annemarie Schimmel, über marokkanische Migranten in Deutschland sowie über die interreligiöse Dialogkultur an konfessionellen Akademien standen zur Diskussion.
In drei größeren Arbeitsgruppen wurden die Abgrenzungsdiskurse auf drei Felder hin fokussiert: Koran/Bibel, Kreuzzüge und ihre Rezeption und fundamentalistische gegenseitige Abgrenzungen. Als Referenten standen hier Ömer Özsoy (Ankara), Stefan Schreiner (Tübingen), Peter Antes (Hannover), Thomas Würtz (Zürich), Bekim Agai (Bonn) und Grit Klinkhammer zur Verfügung. Die Grundsatzüberlegungen von Jacques Waardenburg (Lausanne) und Assaad Elias Kattan (Münster) führten in das weite Feld der Identitäts- und Alteritätsbestimmung, der Ich-Du-Philosophie und schließlich der mimetischen Theorie (René Girard); sie warben zum einen für das respektvolle Anerkennen und konstruktive Ausleben von Unterschiedlichkeiten, zum anderen aber auch für eine geschichtliche Sicht von Identitäten, die nicht von einem monolithischen, unveränderlichen Charakter religiöser Standorte ausgeht. Die islamische Klärung zum Abgrenzungsdiskurs gegenüber dem Christentum wurde von Muhammad Kalisch (Münster) vorgenommen, der (ohne Manuskript) eine tour d’horizon von den Quellen über den Vertrag von Medina bis hin zu sufischen Texten und in die Gegenwart hinein bot, ihm folgte Olaf Schumann (Hamburg), der das Pendant aus dem Christentum vis-à-vis Islam aufarbeitete. Durch eine sehr großzügige Einbeziehung von Referenten und weiteren Responsenten und Beobachtern (Christian W. Troll, Tahsin Görgün, Ulrike Bechmann, Michael Bongardt, Arnulf von Scheliha) entstand der Eindruck eines nicht nur inhaltlich sehr substanziellen Unterfangens, sondern auch einer Tagung, die auf vielen kooperativen Schultern aufruht und zu einem repräsentativen Projekt zum Thema des Dialogs zwischen Christentum und Islam geworden ist. Weitere wichtige Namen von Veteranen des Dialogs wären von der Teilnehmerliste zu erwähnen, Heinz Klautke, Reinhard Leuze und Viggo Mortensen nur als Beispiele, letzterer nicht der einzige aus dem Ausland.
Wie schon für die bisherigen Tagungen werden auch die diesjährigen Beiträge in einer Buchveröffentlichung erscheinen und noch einmal in einer Besprechung hier zur Kenntnis gebracht.
Ulrich Dehn