Trauung durch Spaghettimonster-Kirche
Trauung durch Spaghettimonster-Kirche. Die als Religionsparodie gegründete „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters“ hat in Neuseeland am 16.4.2016 erstmals eine Ehe besiegelt. In der neuseeländischen Hauptstadt Wellington gaben sich Marianna Young und Toby Ricket das „Ja-Wort“: „Ich gelobe, stets das Salzwasser erst zum Kochen zu bringen, bevor ich die Pasta hineintue“, versprach der Bräutigam in voller Piratenmontur in seinem Eheversprechen. „Ich gelobe, keine abfälligen Bemerkungen über Deine Pastakochkünste zu machen“, versprach die Braut. Neuseeland ist nach Angaben der Bewegung das erste Land, das ihr eine Lizenz zum Vollzug der Eheschließung erteilte. Mit der Zeremonie ist die Eheschließung rechtskräftig. Das Brautpaar muss nach neuseeländischem Recht nicht mehr zum Standesamt.
Amerikaner gründeten die Bewegung 2005 als Religionsparodie. Sie wollten damit gegen die Anerkennung einer christlichen, pseudowissenschaftlichen Schöpfungslehre an US-Schulen protestieren. Die Mitglieder der Vereinigung bezeichnen sich selbst als „Pastafari“ (aus „Pasta“ und „Rastafari“). Die weltweit organisierte Gruppe beheimatet Religions- und Kirchenkritiker. Ihre „Nudelmessen“ zelebrieren sie in Piratenkostümen – mit Bier und Pasta statt Wein und Brot – und einem vom Nudelholz abgelesenen Glaubensbekenntnis zu dem „Fliegenden Spaghettimonster“.
Bereits 2011 setzte ein Pastafari-Anhänger in Österreich durch, dass ein Porträtfoto mit Nudelsieb seinen Führerschein zieren darf. Als Pastafari erachtete der Österreicher Niko Alm, Sprecher des „Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien“ sowie Vorsitzender des „Zentralrats der Konfessionsfreien“ und seit 2013 Abgeordneter zum österreichischen Nationalrat, es als seine Pflicht, auf offiziellen Fotos einen Nudelhut zu tragen. Auf dem Verkehrsamt begründete der Antragsteller sein Begehren damit, dass er die gleichen Rechte wie Nonnen und muslimische Frauen in Anspruch nehmen wolle.
In Deutschland existiert seit 2006 die „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V.“. Mittlerweile gibt es mehrere Gemeinden deutschlandweit sowie auch in Österreich und der Schweiz. Der Verein möchte die Verbreitung einer offenen und toleranten Ethik fördern und setzt dabei auf wissenschaftliche Weltanschauungen wie den evolutionären Humanismus. Der Internetauftritt des Vereins (www.pastafari.eu) beinhaltet unter anderem „10 Angebote des evolutionären Humanismus“ aus Michael Schmidt-Salomons „Manifest des evolutionären Humanismus“.
Die „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V.“ versteht sich als „Weltanschauungsgemeinschaft“. Als solche fordert der Verein, den Religionsgemeinschaften gleichgestellt zu werden und beruft sich dabei auf Art. 4 Absatz 1 Grundgesetz. In diesem Zusammenhang ist jüngst eine Klage des Vorsitzenden der „Kirche“ vor dem Verwaltungsgericht Potsdam abgewiesen worden (Urteil vom 13.11.2015, Az. 8 K 4253/13). Dem Vorsitzenden, Rüdiger Weida, wurde ein Personalausweis mit einem Passbild mit Piratenkopfbedeckung verweigert. Er hatte mit der Begründung geklagt, dass für Anhänger der „Spaghettimonster-Kirche“ diese Kopfbedeckung typisch sei. In der Urteilsbegründung kam der Richter zu dem Ergebnis, es fehle der „Kirche“ ein „eigener weltanschaulicher Erklärungsansatz“. Vielmehr gehe es dem Verein um eine „parodistisch-kritische Auseinandersetzung“ mit als intolerant und dogmatisch empfundenen Lehrmeinungen. Eine Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ließ das Gericht nicht zu.
Letztlich zwingt die Religionsparodie zur Auseinandersetzung mit den Fragen „Was ist eine Religion und was ist eine Weltanschauungsgemeinschaft?“ Auf diese Fragen werden nicht nur Gerichte und Verwaltungsbehörden, sondern auch Politik und Bürgergesellschaft im Hinblick auf die zunehmende kulturelle und religiöse Vielfalt immer wieder neue Antworten finden müssen.
Ronald Scholz, Altheim/Alb