Umfrage zur Öffentlichkeitsarbeit
(Letzter Bericht: 9/2002, 280) Unter dem etwas bemühten Titel "Issues Management kirchlicher Public Relations" wurde an der Freien Universität Berlin eine studentische Abschlussarbeit von Jens Zimmer vorgelegt, die aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht den Umgang der Öffentlichkeitsbeauftragten der Neuapostolischen Kirche (NAK) in Nordrhein-Westfalen mit dem Thema Ökumene untersucht. Die Studie basiert auf einer Umfrage, die Zimmer im Frühjahr 2003 mit Unterstützung durch die Leitung der NAK unter 32 ehrenamtlichen Öffentlichkeitsbeauftragten in NRW, also in der größten NAK-Gebietskirche, durchgeführt hat. Unter diesen Umständen kann man davon ausgehen, dass der Stammapostel die Umfrage persönlich unterstützt hat. Dafür spricht auch, dass die Studie derzeit auf der offiziellen Homepage der NAK (www.nak.de) leicht zu finden ist. Allein diese Art der Kooperation ist ein Novum in der Geschichte einer Religionsgemeinschaft, die noch vor wenigen Jahrzehnten weitgehend abgeschirmt von der Öffentlichkeit existierte.
Auch wenn die Ergebnisse keine Sensation bedeuten und aufgrund der relativ geringen Zahl der Befragten auch nicht repräsentativ sein können, sind dennoch einige Aspekte interessant: So sind etwa 30 Prozent der Befragten mit der eigenen Öffentlichkeitsarbeit nicht zufrieden. Befragt nach den Themen, die sie in der Öffentlichkeitsarbeit für wichtig erachten, ist die Mehrheit überzeugt, dass Themen wie die "Botschaft des Stammapostels Bischoff" oder die Diskussion um die Entstehungsgeschichte der NAK in Zukunft eher an Bedeutung verlieren werden - Aspekte also, die auch von Kritikern oft herangezogen werden. In der Öffentlichkeitsarbeit für wichtig erachten die Befragten dagegen das Verhältnis der NAK zur Ökumene, die Frage nach dem Exklusivitätsanspruch der NAK und die Lehre von der Naherwartung. Dem Thema "NAK und Ökumene" räumen sie dabei einen besonderen Stellenwert ein. Informationen zum Thema Ökumene bezieht man offenbar vorwiegend aus den Medien der NAK selbst; andere Veröffentlichungen werden als eher unwichtig benannt.
Bei der Einschätzung privater Websites aus dem Umfeld der NAK gehen die Meinungen recht weit auseinander: Etwa ein Drittel hält beispielsweise die gemäßigt kritische und immer interessante Seite www.glaubenskultur.de für sehr wichtig bzw. wichtig, aber immerhin sechs Befragte halten solche Bemühungen für bedeutungslos.
Den Teilnehmern wurde auch die interessante Frage gestellt, wie sie persönlich zu den ökumenischen Tendenzen innerhalb der NAK stehen. Zwölf (also etwas mehr als ein Drittel) unterstützen diese Entwicklung aktiv, neun begrüßen sie immerhin, acht sehen sie mit kritischem Abstand.
Schließlich hatten die Befragten Gelegenheit, allgemeine Anmerkungen zu machen. Dabei wurde acht Mal das Thema Ökumene aufgegriffen - und plötzlich werden die Probleme sichtbar, die zu erwarten gewesen waren. Denn "offensichtlich bestehen große Unterschiede hinsichtlich der Informiertheit zu diesem Thema: Ökumene sei 'den meisten Brüdern und Schwestern in der Tendenz nicht bekannt' ... Zu dieser Einschätzung passte es, dass ein anderer Befragter 'nicht weiß und nicht genügend von der NAK informiert' wird‚ (nicht weiß), 'wohin die Reise geht', ein anderer weiß nicht, warum 'Amtsbrüder/Mitglieder überhaupt an diesem Thema interessiert' sind und würde gern erfahren, wie weit die Kirche beim Thema Ökumene gehen will, 'um unsere Identität nicht zu verlieren'." Einer der Befragten macht seinem Unmut Luft und schreibt: "Die Öffentlichkeitsarbeit in NRW tendiert gegen 0!" Und schließlich stellt jemand (abweichend von den oben zitierten Antworten) fest, dass man über die Bemühungen der NAK um die Ökumene "schneller und mehr" aus Quellen erfährt, die gerade nicht offizielles Sprachrohr der NAK sind.
Der Arbeit sind hilfreiche Tabellen und Überblicke zur Entwicklung der ökumenischen Bemühungen in den letzten Jahren beigefügt.
Die Umfrage zeigt einerseits, dass die Öffentlichkeitsarbeit der NAK verbesserungsfähig ist. Sie zeigt aber auch, dass divergierende Kräfte das Thema Ökumene begleiten. Es wäre ein Trugschluss, jetzt nur die Öffentlichkeitsarbeit verbessern zu wollen. Was fehlt ist eine breitere theologische Arbeit und Reflexion über das neuapostolische Selbstverständnis und über die Möglichkeiten und Grenzen ökumenischer Begegnungen aus Sicht der NAK.
Andreas Fincke