Universalreligiöses Geheimwissen am Kiosk: „Das Wesentliche“
Der Esoterik-Markt ist um ein Zeitschriftenprodukt reicher: Das Wesentliche heißt das neue Heft für „Spiritualität, Esoterik, New Age, Wissenschaft, Persönlichkeitsentwicklung“. Bislang liegen vier Ausgaben vor. Das Einzelheft kostet 4,90 Euro. Im Untertitel präsentiert sich das zweimonatlich erscheinende, rund 60 Seiten umfassende Heft als „Nummer 1 in Sachen Spiritualität“. Nach eigenen Angaben handelt es sich um „die meistgelesene spirituelle Zeitschrift Frankreichs“. Dort trägt sie den Titel L’Initiation (dt. die Einweihung). Es sind bislang 20 Ausgaben erschienen (im Internet: www.magazinelinitiation.com).
Die Blattmacher sehen sich durchaus in großer Mission: Das Magazin habe „den Auftrag, jedem den Zugang zu dem spirituellen Weg zu ermöglichen, der ihm zusagt, ohne Dogmas aufzustellen oder Urteile zu fällen“. Deshalb will Das Wesentliche „Offenheit, Toleranz, Freundschaft, Respekt und eine ungehinderte Bewusstseinserweiterung fördern“. Wie versichert wird, stehe das Heft mit keiner religiösen, philosophischen oder politischen Ideologie in Verbindung. Ebenso findet sich der Hinweis: „Bei jeder Art von gesundheitlichen Problemen werden die Leser gebeten, die Meinung eines Arztes einzuholen.“
Schlägt man etwa die dritte Ausgabe (Februar/März 2008) auf, so fallen dem Leser gleich die typischen esoterischen Themen auf: Es geht um „eine Reise von Ägypten über geheime Bruderschaften bis hin zu den Kathedralen“, um das althergebrachte Wissen der Indianer, um keltische Spiritualität, magische Statuen, um Gnostiker und Katharer“. So soll die ursprüngliche Tiefe alter Überlieferungen aufgespürt und spirituell wiederbelebt werden. Der Suchende müsse sich wieder mit dem Band der Natur, ja mit dem Göttlichen vereinen. Die christliche Religion habe, wie es in einem Artikel heißt, diese Ursprünglichkeit zerstört: „Die Kirchenmänner und ihre Anhänger, sich dem Göttlichen zu nähern glaubend und die Weisheit der Mutter Erde verneinend, endeten vielmehr damit, sich von ihr vollständig abzutrennen.“ In einem anderen Artikel wird empfohlen, die eigene Intuition zu schulen, um sich selbst mit dem Universum zu harmonisieren.
Auf mehreren Seiten werden Neuerscheinungen verschiedener Verlage präsentiert. Das Spektrum reicht von „The Secret“ (vgl. MD 8/2007, 304ff) über Channeling-Bücher bis hin zu Indigo-Kindern, Feng Shui und Geldmagie. Auf den letzten Seiten folgen das unverzichtbare Monatshoroskop und mehrere Botschaften von Erzengeln. Die letzte Umschlagseite präsentiert den Buchhinweis auf „Maria – die essenische Jungfrau“, verfasst von dem Franzosen Olivier Manitara, der nicht nur als Autor von mehr als 200 Büchern (!), sondern auch als „die lebendige Erinnerung der Essener“ vorgestellt wird: „Er ist dazu bemächtigt (!) alle Initiationen, bis zum allerhöchsten Grade, zu vollführen“ (www.oliviermanitara.org).
Welcher Eindruck bleibt? In den einzelnen Artikeln gibt sich eine Form von Esoterik zu erkennen, die zum einen auf angeblich altes Wissen zurückgreifen und letztlich die Essenz verschiedener gnostischer oder geheimer Lehren in sich vereinen möchte. Auffällig ist, dass der hierzulande aus der Mode gekommene Begriff „New Age“ im Untertitel des französischen Originals bewusst übernommen wurde. Die Zeitschrift wird laut Impressum in Montpellier/Frankreich gedruckt. Für Deutschland wird – ohne Angabe einer postalischen Adresse – lediglich ein „Verbindungsbüro“ in Berlin genannt. Warum diese Geheimniskrämerei? Verantwortlich zeichnen ausschließlich die französischen Blattmacher: Herausgeber Pierre Moser und Chefredakteur Guilhem Cayzak. Es bleibt abzuwarten, ob der französischen Esoterik-Zeitschrift in Deutschland Erfolg beschieden sein wird. Zum einen fehlen die „lebenspraktischen“ Heilungsofferten der Esoterik wie auch die sonst typischen spirituellen Anleitungshilfen für die individualisierte Praxis. Hinzu kommt, dass die Beschränkung auf französische Esoterik-Anbieter und die etwas ungeordnete Präsentation der Themen die Verbreitung des Magazins nicht unbedingt erleichtern dürften.
Matthias Pöhlmann