Verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der Jugendweihe
(Letzter Bericht: 4/2007, 152) Zwei der wichtigsten freigeistigen Organisationen haben sich auf eine bessere Zusammenarbeit verständigt. Es handelt sich um den „Humanistischen Verband Deutschlands“ (HVD) und die „Jugendweihe Deutschland“ (JWD). Der HVD steht für eine geschickte politische Arbeit, die JWD verfügt über ein nahezu flächendeckendes Netz an Mitstreitern in Ostdeutschland. Die Anfänge der Zusammenarbeit gehen auf das Jahr 2002 zurück, wo man gemeinsam die Festveranstaltung „150 Jahre Jugendweihe in Deutschland“ in Berlin organisiert hatte.
Derzeit ist noch unklar, wie die Zusammenarbeit konkret gestaltet werden soll. Diskutiert wird die Idee eines deutschlandweit agierenden Jugendweihe-Verbandes, der Jugendarbeit und Jugendweihen anbieten könnte und mit humanistischen (d.h. freidenkerischen) Landes- und Regionalverbänden kooperiert. Es ist denkbar, sich am Beispiel Mecklenburg-Vorpommerns zu orientieren, wo eine solche Zusammenarbeit bereits erfolgreich funktioniert.
Die beiden Vereine stehen sich zwar weltanschaulich nahe, befinden sich aber auch in einer gewissen Konkurrenz. Denn auch der HVD bietet Jugendweihen an, die hier jedoch Jugendfeiern heißen. Der HVD ist weltanschaulich profiliert, die Stärke der JWD liegt in ihrer weiten Verbreitung (im Osten Deutschlands) und der Infrastruktur – weltanschaulich ist sie jedoch blass. In einer Pressemeldung heißt es, man möchte durch die Kooperation den organisierten Humanismus als „dritte Kraft“ neben den christlichen Kirchen stärken. Daher hat man vereinbart, „die tatsächlichen Konkurrenzen in den Regionen festzustellen und einvernehmlich und durch Absprachen vor Ort mit Hilfe der Zentralen, wenn nötig, zu regeln und gemeinsame neue Arbeitsfelder zu finden“.
Interessant ist, wie die beiden Verbände die konzeptionellen Unterschiede beschreiben: Die Konzepte der Jugendarbeit differieren zwischen „offener“ (JWD), „halboffener“ (HVD Berlin) und „verbindlicher“ (HVD West) Arbeit. Es gibt Anbieter von Jugendweihen, die diese als offene Veranstaltung im Sinne einer Jugendweihe ohne weitere Verpflichtung verstehen, andere – wie der HVD-Nürnberg – sehen sich jedoch als (lebenslanger) Begleiter säkularer Menschen „von der Wiege bis zur Bahre“. Hier muss man Mitglied sein, um an der Jugendweihe teilnehmen zu können, während die Jugendweihe der JWD jedermann und damit auch kirchlich gebundenen Jugendlichen offensteht.
Ernüchternde Erfahrungen machen beide Anbieter in ihrer Jugendarbeit, die sich der Jugendweihe anschließt: Nur äußerst wenige Jugendliche sind nach dem großen Fest zu ehrenamtlicher Mitarbeit bereit. Spätestens nach zwei bis drei Jahren verabschieden sich davon aufgrund von Ausbildungs- und Studienbeginn nochmals etwa zwei Drittel der Interessierten.
Dennoch sehen HVD und JWD eine Chance für sich. So heißt es, die Jugend habe derzeit in der Politik keine Lobby. Hieraus erwachse eine Chance für beide Verbände, sich als Sprachrohr der Jugendlichen zu profilieren – oder wenigstens als Sprachrohr der konfessionslosen Jugendlichen. Einen nicht unwichtigen Auslöser für die neue Zusammenarbeit haben die beteiligten Verbände jedoch geflissentlich verschwiegen: Die Zahl der Teilnehmer an der Jugendweihe der JWD ist zuletzt rasant gesunken. Konnten von 1996 bis 2002 jährlich noch rund 90000 Jugendliche gezählt werden, so waren es 2006 nur knapp 34000. Selbst wenn man die zurückgehenden Geburtenzahlen nach 1990 in Rechnung stellt, ist das eine erstaunliche Entwicklung.
Andreas Fincke, Berlin