Warnung vor der koreanischen Neuoffenbarungsreligion "Shinchonji"
Warnung vor der koreanischen Neuoffenbarungsreligion „Shinchonji“. (Letzter Bericht: 6/2016, 203-215) Selten kommt es heute noch vor, dass Weltanschauungsexperten vor neuen religiösen Bewegungen warnen. Bei der koreanischen Neuoffenbarungsreligion Shinchonji („Neuer Himmel und neue Erde“) ist das anders. Manche Religionsexperten sehen in ihr die im Moment konfliktträchtigste neue religiöse Gruppierung in Deutschland. Das Zentrum Oekumene der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck hat im September eine Warnung vor dieser Bewegung veröffentlicht1 und eine Broschüre herausgebracht, die über Hintergründe informiert und Hilfestellungen zum Umgang mit Shinchonji gibt.2
Die Gruppe, die hauptsächlich junge Leute anwerbe, setze auf ein System von Intransparenz und Täuschung. Schwerpunktstädte seien Frankfurt am Main und Berlin mit jeweils rund 500 Mitgliedern. Auch im Ruhrgebiet gebe es etwa 200 Mitglieder.
Shinchonji wurde 1984 von dem südkoreanischen Neuoffenbarer Man-Hee Lee gegründet. Der 88-Jährige steht an der Spitze der streng hierarchisch aufgebauten Neureligion. Die internationale Gemeinschaft bestehe aus zwölf Stämmen, die nach den Aposteln benannt seien. In Deutschland missioniere der Stamm Simon. Internes Erkennungszeichen seien eine gelbe Krawatte oder ein gelbes Halstuch mit dem eingestickten Namenszug des geistlichen Oberhaupts.
Die folgende Missionstaktik3 sei bei Shinchonji zu beobachten: Mitglieder sprechen gezielt vor allem junge Leute nach Gottesdiensten, auf der Straße oder im Umfeld von Universitäten an. Familiäre Hintergründe, Vorlieben und Verfehlungen seien zuvor von ihnen ausspioniert worden. Nach der persönlichen Kontaktaufnahme etwa über gemeinsame Musik- oder Sportinteressen folge in der Regel die Einladung zu Bibelkursen. Wer dazu einlade, werde bewusst verschleiert. Als Tarnnamen benutzen Shinchonji-Organisationen zurzeit „Bible Center“ (BC), „Open Bible Academy“, „International Peace Forum“ oder „Christliches Abend Zentrum“. Die Kursteilnehmer werden Beobachtern zufolge durch die persönliche Ansprache, die sehr hohe Verbindlichkeit, den sozialen Druck, ein dualistisches Weltbild („Wenn du nicht mitziehst, bist du verloren“) und Angstmacherei in die gewünschte Richtung gelenkt. Kritik werde nicht geduldet, und andere Kirchen werden als dämonische Werkzeuge angesehen.
Michael Utsch
Anmerkungen
1 www.zentrum-oekumene.de/de/oekumene/aktuelles/detailseite/warnung-vor-missionierung-durch-koreanische-neuoffenbarungsreligion-shinchonji, 4.9.2019 (Abruf: 7.10.2019).
2 Broschüre „Empfehlungen zum Umgang mit Shinchonji“, Download pdf-Datei:www.zentrum-oekumene.de/fileadmin/redaktion/Weltanschauungen/Shinchonji.pdf.
3 Vgl. zu Missionstaktiken auch das Kapitel „Shinchonji“, MD 6/2019, 217-220.