Johann Hirnsperger / Christian Wessely (Hg.)

Wege zum Heil? Religiöse Bekenntnisgemeinschaften in Österreich

Johann Hirnsperger/Christian Wessely (Hg.), Wege zum Heil? Religiöse Bekenntnisgemeinschaften in Österreich: Elaia Christengemeinden (ECG) und Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IAGÖ). Mit Beiträgen aus anderen Religionsgemeinschaften (Theologie im kulturellen Dialog, ThkD, Bd. 7c), Tyrolia Verlag, Innsbruck 2014, 236 Seiten, 21,00 Euro.

Seit Jahren beschäftigt sich die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Graz mit den religiösen Bekenntnisgemeinschaften, einer neuen religiösen Rechtsform in Österreich. Davon handeln vier Bücher mit dem Titel „Wege zum Heil?“ der Fakultätsreihe „Theologie im kulturellen Dialog“ (ThkD): Band 7 (2001), 7a (2002), 7b (2005) und 7c (2014). Der jüngste Ergänzungsband ist der Grund, das Buchprojekt vorzustellen und zu hinterfragen.

1998 trat das Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften in Kraft. Es war „eine der bedeutendsten Neuerungen im österreichischen Religionsgemeinschaftenrecht“ (Hirnsperger 2001, 153), da mit diesem zwei diskriminierende Faktoren im hiesigen Anerkennungsverfahren behoben wurden: Der Registrierungsvorgang wurde transparent und verbindlich, und die Voraussetzungen zur gesetzlichen Anerkennung wurden festgelegt. Als ersten Schritt bietet das Gesetz religiösen Minderheiten ab 300 Mitgliedern den Erwerb der Rechtspersönlichkeit an. In einem zweiten Schritt können diese eingetragenen Bekenntnisgemeinschaften die gesetzliche Anerkennung nach dem Anerkennungsgesetz von 1874 erlangen, d. h. sie werden eine Körperschaft öffentlichen Rechts, wofür aber eine weit höhere Mitgliederzahl erforderlich ist (zwei Promille der Bevölkerung: über 16 000).

1998 waren es neun Religionsgemeinschaften, die aufgrund des neuen Gesetzes Bekenntnisgemeinschaften wurden. Band 7 dokumentiert diese neun Bekenntnisgemeinschaften, die sich bei einer Studientagung 1998 an der Theologischen Fakultät der Universität Graz vorgestellt hatten, wobei auch katholische Theologen (aus den Bereichen Kirchenrecht, Dogmatik, Sozialethik und Religionswissenschaft) zu dem Ereignis Stellung bezogen; Band 7a ergänzt die Statuten und Verfassungen der Gemeinschaften. Weitere eingetragene Bekenntnisgemeinschaften werden in den Bänden 7b und 7c vorgestellt. Alle vier Bücher sind hilfreich und informativ und erleichtern den Zugang zu Quellentexten und Selbstdarstellungen von Bekenntnisgemeinschaften in Österreich.

Von den bisher registrierten 15 Bekenntnisgemeinschaften erreichten acht inzwischen die zweite Stufe, d. h. die gesetzliche Anerkennung: der Bund der Baptistengemeinden, der Bund Evangelikaler Gemeinden, die Elaia Christengemeinden, die Freie Christengemeinde – Pfingstgemeinde und die Mennonitische Freikirche (gemeinsam als „Freikirchen in Österreich“ anerkannt, vgl. MD 10/2013, 387f) sowie die Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft, Jehovas Zeugen und die Koptisch-orthodoxe Kirche. Sieben weitere sind eingetragen: die Alt-Alevitische Glaubensgemeinschaft, die Baha’i-Religionsgemeinschaft, die Christengemeinschaft, die Hinduistische Religionsgesellschaft, die (irakische) Islamische Schiitische Glaubensgemeinschaft, die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten und die (rumänische) Pfingstkirche Gemeinde Gottes. Die im jüngsten Band noch als Bekenntnisgemeinschaften vorgestellten islamischen Aleviten und Elaia Christengemeinden sind inzwischen schon eine Stufe höhergerückt. Die Aktualität der Buchreihe kann also mit der Dynamik des Anerkennungsverfahrens nicht Schritt halten.

In den letzten beiden Bänden werden bestimmte Themen aufgegriffen: Band 7b bezieht sich auf die Themen interreligiöser Dialog und Ökumene, 7c behandelt als besonderes Thema das Gemeindeleben vom Aufbau bis zur Auflösung; diese Artikel stammen jedoch nur aus drei religiösen Richtungen: Baha’i, Christengemeinschaft und (evangelikale) Freikirchen – die gänzliche Abwesenheit anderer Bekenntnisgemeinschaften fällt auf. Dadurch dass sich nur drei Religionsgemeinschaften am Austausch ihres Glaubenslebens beteiligen, wird die religiöse Vielfalt nur eingeschränkt vermittelt.

Ab Band 7a (2002) publizieren nur Kirchenrechtler – federführend der Herausgeber und Leiter des Instituts für Kanonisches Recht an der Theologischen Fakultät Johannes Hirnsperger. Damit rückt die Buchserie die praktischen und institutionellen Fragen ins Zentrum: Wann wird eine Taufe bei Übertritt anerkannt? Wie kann eine interreligiöse Ehe geschlossen werden? Wem kann Gaststatus im Gottesdienst, wem ein Begräbnis gewährt werden? Wem kann ein kirchlicher Raum überlassen werden? Wer kann in der Kirche Anstellung finden? – Wichtige Fragen, die im Alltag das Zusammenleben der Religionen bestimmen. Mit diesen Fragen wird eine lehrmäßige Auseinandersetzung notwendig. Der vom Mitherausgeber, dem Fundamentaltheologen Christian Wessely angekündigte theologische „Disput“ (2001, 201) fehlt in diesem Forum.

Vorgängerbände

Johannes Hirnsperger/Christian Wessely/Alexander Bernhard (Hg.), Wege zum Heil? Religiöse Bekenntnisgemeinschaften in Österreich: Selbstdarstellung und theologische Reflexion (ThkD, Bd. 7), Graz 2001

Johannes Hirnsperger/Christian Wessely (Hg.), Wege zum Heil? Religiöse Bekenntnisgemeinschaften in Österreich: Verfassungen und Statuten (ThkD, Bd. 7a), Graz 2002

Johannes Hirnsperger/Christian Wessely (Hg.), Wege zum Heil? Religiöse Bekenntnisgemeinschaften in Österreich: Pfingstkirche Gemeinde Gottes und Mennonitische Freikirche. Ökumenische und interreligiöse Perspektiven (ThkD, Bd. 7b), Innsbruck 2005


Wolfgang Mischitz, Innsbruck