Wirtschaftsjournalist verkündigt Wohlstandsevangelium
Karl Pilsl stellt sich als erfolgreicher Unternehmer und Wirtschaftsjournalist vor mit Referenzen des Vizekanzlers der Republik Österreich und des Präsidenten der europäischen Wirtschaftskammer. Er lebt mit seiner Frau in Tulsa/Oklahoma (USA) wie auch im Bayerischen Wald. Als Wirtschaftsjournalist aus den USA hält er in der ersten Jahreshälfte in Deutschland zahlreiche Vorträge, u.a. in Berlin, Schwerin, Magdeburg, Nürnberg. Der auf einer Internetseite angegebene Honorarsatz beträgt für einen 90-minütigen Impulsvortrag 6.800 Euro. Eines seiner Vortragsthemen lautet „Die Wirtschaftsrevolution des 21. Jahrhunderts“. Zentrale Impulse zu diesem Thema werden im Internet mit folgenden Sätzen beschrieben: „Der Arbeitsmarkt wird sich in einer noch nie da gewesenen Form verändern. (...) Eine neue Existenzgründungswelle kommt auf uns zu. (...) Die Antwort heißt Homebusiness. (...) Die Bereiche Gesundheit und Fitness werden sich in den nächsten Jahren multiplizieren und revolutionieren. (...) Die Kommunikationstechnologie und vor allem das Internet werden den Strukturwandel in der Wirtschaft und am Arbeitsmarkt drastisch beschleunigen! (...) Viele Menschen reiten immer noch ein bereits totes Pferd. Welche Möglichkeiten eines schleichenden Branchenwechsels bieten sich für Handwerker, Unternehmer und Führungskräfte? (...) Megatrend des 21. Jahrhunderts: Der sich multiplizierende ‚Menschenspezialist‘ (...) Die mit diesen Trends einhergehende Werterevolution verändert jeden Arbeitsplatz nachhaltig.“ Solche Thesen sind im Zeitalter der Globalisierung und des Internets weder neu noch originell. Sie passen freilich in gegenwärtige Debatten über die Sicherung des Wohlstands und die Suche nach neuen Arbeitplätzen. Offensichtlich scheint Pilsl ein Publikum für seine Vorträge zu finden.
Seine Zuhörerinnen und Zuhörer werden möglicherweise nicht wissen, dass Pilsl gleichzeitig auch Prediger eines Gesundheits- und Wohlstandsevangeliums ist, z.B. im Wort und Geist Zentrum Röhrnbach/Bayerischer Wald. Pilsl ist nach eigenen Aussagen persönlicher Freund von Helmut Bauer, dem Gründer und Leiter des Zentrums, gleichzeitig Direktor der dortigen Bibelschule und Vorstandsvorsitzender der Wort und Geist Medien AG sowie des Vereins „Eine neue Reformation“. Pilsl schrieb zahlreiche Bücher, u.a. über die göttliche Gesundheit („… und er heilte sie alle!“) und das erfolgreiche Leben („Der kybernetisch wirkungsvollste Punkt im Glaubensleben“). Karl und Monika Pilsl sind Absolventen des Rhema Bible Training Centers in Tulsa/Oklahoma (USA), die von Kenneth E. Hagin ins Leben gerufen und viele Jahre geleitet wurde. In Pilsls Büchern kann man nachlesen, dass er sich die Grundanliegen der sog. Wort- und Glaubensbewegung zu Eigen gemacht hat und sie pointiert vertritt. Demnach bestimmt der menschliche Geist das menschliche Leben. Der Geist ist die zentrale Wirklichkeit. Die Gesamtperson, ihre Identität und Eigenart, wird gemäß dieser Lehre durch die Summe der zugelassenen und bejahten Denkinhalte bestimmt, nach dem Motto „Wie der Mensch denkt, so ist er“. Bewusstsein konstituiert das Sein. Es ist Pilsls Überzeugung, dass durch das Proklamieren der göttlichen Wahrheit und die Anerkennung der göttlichen Gesetzmäßigkeiten ein Weg gefunden werden kann, durch den jeder Mensch Krankheit und Armut überwinden und sein Leben grundlegend verändern kann. „Viele Wissenschaftler wissen es noch nicht! Aber Krebs ist heilbar und zwar in jedem Fall.“ Karl Pilsl verbindet die Grundlehren des Pfingstlertums mit zentralen Inhalten der sog. Neugeist-Bewegung, wie sie auch von Christian Science und Unity gelehrt werden. Krankheit und Armut sind Folge falschen Denkens, Ausdruck einer Störung des Bewusstseins. Mit diesen Lehren vertritt er kein authentisches Christentum, sondern eine ideologisch verzerrte Form christlichen Glaubens. Ob er seine Vorträge zur Wirtschaftsrevolution dazu nutzen wird, illusorische Sonderlehren zu verbreiten, bleibt abzuwarten. Auszuschließen ist es nicht.
Reinhard Hempelmann