Mormonen

Zu Besuch in Frankfurt

(Letzter Bericht: 7/2006, 273f) Auf Einladung der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ (Mormonen) besuchte ich in meiner Funktion als zuständiger EZW-Referent Ende vergangenen Jahres das Verwaltungsgebäude der Gemeinschaft in der Frankfurter Porthstraße. Hier befindet sich die „Gebietsverwaltung Europa Mitte“. Diese ist für Zentraleuropa zuständig, also für Deutschland und die Schweiz, für Skandinavien, für zahlreiche Länder des ehemaligen Ostblocks, für die Balkanstaaten und Griechenland, aber auch für die Arabische Halbinsel, Ägypten, Syrien, den Irak und den Iran. Als Gebietspräsident fungiert derzeit Bruce C. Hafen, ehemaliger Dekan der juristischen Fakultät der Brigham Young University in Utah (USA).

In dem Gebäude in der Porthstraße sind zahlreiche Abteilungen untergebracht, die die praktische Arbeit der Gemeinschaft sicherstellen. Dazu gehören die Öffentlichkeitsarbeit, die Gebäudeverwaltung / Bauabteilung, eine Rechtsabteilung, die Personalabteilung, die Gebietspräsidentschaft, eine Verwaltungsdirektion, die Abteilung Wohlfahrt sowie die Finanzverwaltung. Auch eine Übersetzungsabteilung ist hier untergebracht. Hier entstehen z.B. die deutschsprachigen Übersetzungen der zahlreichen Publikationen und der Zeitschrift „Liahona“.

Wie zu erwarten, war der Empfang ausgesucht freundlich. Dr. Ralf Grünke, Politikwissenschaftler und stellvertretender Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit Europa Mitte, führte den Gast durch alle Abteilungen; überall war ein kurzes Gespräch möglich.

So berichteten die Gastgeber, dass Ende Oktober 2006 in Helsinki ein neuer Tempel geweiht wurde. Bei den üblichen „Tagen der offenen Tür“ war das Interesse der Öffentlichkeit beachtlich. Dieser Neubau ist der 124. Tempel weltweit und der dritte Tempel nach Stockholm und Kopenhagen in Skandinavien. Der Einzugsbereich des Helsinki-Tempels umfasst die Länder Finnland, Estland, Lettland, Litauen, Weißrussland und Russland. Hier dürften etwa 26.000 Mormonen leben. Auf die neugierige Frage, wann mit dem Bau eines Tempels in Moskau oder Russland zu rechnen sei, konnte man keine Antwort geben. Die Tempel der Kirche Jesu Christi unterscheiden sich grundlegend von den Gemeindehäusern, in denen die Mitglieder sonntags zum Gottesdienst zusammenkommen. Sie sind heilige Orte und gelten den Mormonen als „Haus des Herrn“, wo Eheschließungen, Taufen und weitere heilige Handlungen vollzogen werden. In einem Text der Mormonen heißt es: „Im Tempel erfahren die Mitglieder der Kirche ... mehr über den Sinn des Lebens, und sie widmen sich verstärkt dem Ziel, Jesus Christus und ihren Mitmenschen zu dienen.“

Die Geschäftssprache in der Frankfurter Porthstraße ist Englisch. Das dient nicht nur der Kommunikation zwischen den Mitarbeitern, die aus unterschiedlichen Ländern kommen, sondern kann auch als Ausdruck dafür verstanden werden, wie stark die Gemeinschaft vom Zentrum der Mormonen in Utah geprägt ist. Hier werden alle offiziellen Publikationen vorbereitet, hier werden die Videos, DVDs usw. produziert, die weltweite Verbreitung finden.

Sicherlich haben solche Begegnungen ihre Grenzen. Theologische Gespräche sind kaum möglich. Aber dennoch dienen sie der gegenseitigen Wahrnehmung. Wie so oft bei solchen Gelegenheiten hatte ich den Eindruck, dass man erstaunlich wenig voneinander weiß.


Andreas Fincke