Zum Kinofilm „One Good Man - Life as a Latter-day Dad“
(Letzter Bericht: 4/2010, 146ff). Im Dezember 2009 wurde in Salzburg der Film „One Good Man“ vorgestellt; in Deutschland war er im April 2010 in den größeren Städten zu sehen. Aaron Young – Familienvater von sechs Kindern, leitender Angestellter, Mormone – ist ein guter Mann, so gut, dass er zum Bischof seiner Gemeinde berufen wird. In den folgenden Ereignissen, die sich im Film in ein einziges Jahr hineinpassen, wird alles, was für Mormonen besonders wichtig ist, dargestellt: intensives Familienleben, soziales Engagement, Missionstätigkeit, Gemeindearbeit, Hochzeit im Tempel.
Aaron wird vor große Herausforderungen gestellt, die er alle gut meistert bzw. die alle gut ausgehen – allerdings nicht ganz, denn es gelingt ihm nicht, in seiner Firma Entlassungen zu verhindern, und er muss persönlich einem seiner Gemeindemitglieder die Kündigung überreichen. Abgesehen von Stress, Zeitdruck und schweren Entscheidungen ist sein Weg auch von persönlichem Verzicht gekennzeichnet: So nimmt er nicht an der Hochzeit seiner ältesten Tochter im Tempel teil, um deren Schwiegereltern zu unterstützen, die (als Nichtmormonen) keinen Zutritt zum Tempel und auch kein Verständnis für den Brauch haben.
Die zweijährigen Missionsaufenthalte (ein Sohn kehrt gerade zurück, ein anderer bereitet sich vor) sind für Väter mit Freude und Leiden verbunden, Schwierigkeiten mit Kindern in ihren Entwicklungsphasen ebenfalls. In diesem Zusammenhang ist die Rolle der Ehefrau und Mutter interessant, die dem guten Mann den Rücken absolut freihält: Man erwartet eigentlich schon mindestens dreimal den Burn-Out-Zusammenbruch der guten Frau – aber davon keine Spur.
„One Good Man“ ist zwar keine offizielle Produktion der Mormonen-Kirche, sondern ein privates Projekt des Filmemachers Christian Vuissa. Anliegen des Films ist es, die Lebensweise der Mormonen darzustellen. Deshalb gastiert der Film auch gezielt nicht in Gemeindesälen, sondern in öffentlichen Kinos. Trotzdem muss man davon ausgehen, dass es sich um ein Insider-Produkt handelt, das die Zuckerseiten der Religion darstellt. Misserfolg und Scheitern existieren nur ganz am Rande, in verdaulichen Dosen, und erhöhen dadurch die moralische Größe des Protagonisten. Auch angesichts der wenigen, exklusiv anmutenden Termine wird in Europa das Publikum natürlich sehr begrenzt bleiben.
Dabei kann der Film, wenn man sich der Einseitigkeit bewusst ist, durchaus einen passenden Querschnitt durch das Selbstverständnis des zeitgenössischen Mormonentums liefern. Jedenfalls ist es ein guter und vor allem schöner Film, zum Wohlfühlen.
Meinrad Föger, Salzburg