Yoga

Zum Tod des indischen Gurus Iyengar

Der indische Yogalehrer und Gründer des nach ihm benannten Yogastils B. K. S. Iyengar ist tot. Der Guru starb am 20. August 2014 im Alter von 95 Jahren im westindischen Pune, wo er seit 1937 lebte und vor vierzig Jahren das Ramamani Iyengar Memorial Yoga Institute gegründet hatte (Ramamani war der Name seiner Frau).

Auf seiner offiziellen Website ist unter einem Foto des lächelnden Meisters das Zitat zu lesen: „Ich sage den Leuten immer: Lebt fröhlich und sterbt erhaben.“ Begonnen hat sein Leben allerdings alles andere als fröhlich. Bellur Krishnamachar Sundararaja Iyengar wurde 1918 als elftes von dreizehn Kindern in eine arme Brahmanenfamilie geboren. Als Kind unterernährt und häufig krank, wurde Yoga für ihn zum Weg zu körperlicher und geistiger Gesundheit. In Pune begann er selbst Yoga zu unterrichten und entwickelte bald seine eigene, inzwischen „klassische“ Methode. Iyengar Yoga ist eine Form des Hatha-Yoga, arbeitet also vor allem mit Asanas, d. h. bestimmten Körperstellungen, die bewusst gehalten werden. Dabei zielt Yoga über die Beherrschung des Körpers auf die Freiheit des Geistes: „Mit Yoga dehnen wir nicht nur die Glieder, wir dehnen auch das Bewusstsein.“

Iyengar hat über zweihundert klassische Yogastellungen und verschiedene Atemtechniken systematisiert. Bei den kraftvollen und körperlich anspruchsvollen Übungen kommt es auf detailgenaue, präzise Ausführung an. Um dies zu unterstützen und Menschen mit Einschränkungen entgegenzukommen, werden Hilfsmittel wie Seile, Gurte, Klötze oder Bänkchen eingesetzt, ein Markenzeichen dieses Yogastils. Für seinen Beitrag zur therapeutischen Anwendung des Yogas bekam Iyengar viele Auszeichnungen. Auch heute wird großer Wert auf Qualitätssicherung und gut ausgebildete Lehrer gelegt.

Iyengar, der sich 1984 von der aktiven Lehrtätigkeit zurückzog, unterrichtete seine „Meditation in Aktion“ in unzähligen Kursen und Vorführungen in Britannien, der Schweiz und Frankreich und trug so entscheidend zur Verbreitung des Yogas im Westen bei. Der Meister hatte zahlreiche prominente Fans wie den Geigenvirtuosen Yehudi Menuhin oder die Sängerin Madonna. Auch sein 1966 erschienenes Buch „Licht auf Yoga“, das heute als Standardwerk des Hatha-Yoga gilt, machte ihn international berühmt. Der Einfluss, den der Guru auf die Entwicklung des modernen Yoga hatte, kann kaum überschätzt werden. 2004 wurde er vom Time Magazine zu einem der 100 einflussreichsten Menschen der Welt gekürt. In rund 50 Ländern weltweit gibt es heute Iyengar-Schulen. Der Iyengar Yoga Deutschland e. V. mit Sitz in Berlin listet deutschlandweit über 300, für die Schweiz und für Österreich jeweils fünf zertifizierte Iyengar-Yogalehrer und -lehrerinnen auf. (Ein Video mit Iyengar ist abrufbar unter www.youtube.com/watch?v=TSF651SRBLs.)


Friedmann Eißler