In eigener Sache

Zum Tod von Hermann Brandt

In den letzten Jahren hat der 2005 emeritierte Professor für Missions- und Religionswissenschaft an der Universität Erlangen viele anregende und gewinnbringende Beiträge für diese Zeitschrift beigesteuert, etwa zur Frage nach der Exklusivität des Christentums (MD 8/2000, 257ff) oder – wenige Monate nach dem 11. September 2001 – Überlegungen zum Thema „Neigt der Islam zur Gewalt?“ (MD 3/2002, 83ff). Weitere Texte aus seiner Feder befassten sich mit interkulturellen Überlegungen zu „Religion im Computer“ (MD 3/2006, 105ff) oder mit hintergründigen wie auch provozierenden Beobachtungen zur kirchlichen Praxis, so in seiner Neujahrs-Betrachtung „Zur Magie des Jesus-Namens“ (MD 1/2007, 22ff) oder im Beitrag „Die öffentliche Taufe – ein Auslaufmodell?“ (MD 5/2007, 174ff). In seinem letzten Aufsatz für den MD wartete Brandt als feinsinniger Beobachter heutiger religiöser Phänomene mit einer Analyse des mittlerweile legendären Pop-Songs „The Sound of Silence“ auf, den er „zwischen Prophetie und Wellness“ verortete (MD 12/2007, 446ff).

Hermann Brandt wurde 1940 in Münster/Westfalen geboren. Nach dem Theologiestudium führte ihn sein Weg zum Lutherischen Weltbund nach Genf, wo er eine Forschungsassistenz wahrnahm. 1969 wurde er in Göttingen mit einer Arbeit über den dänischen Systematischen Theologen Hans Lassen Martensen promoviert. Nach seinem Vikariat lehrte er von 1971 bis 1977 Systematische Theologie an der Theologischen Hochschule der Evangelischen Kirche lutherischen Bekenntnisses in São Leopoldo/Brasilien. Mit seiner Rückkehr nach Deutschland übernahm er ein Gemeindepfarramt in der Lippischen Landeskirche. 1983 wechselte er als Oberkirchenrat in das Kirchenamt der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands, wo er für Fragen der Ökumene und des jüdisch-christlichen Dialogs zuständig war. 1990 erfolgte die Habilitation Brandts an der Universität Hamburg im Fach Religions-, Missions- und Ökumenewissenschaft. Drei Jahre später wurde Brandt zum Professor an die Universität Erlangen berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2005 lehrte. Brandt gilt in Deutschland als einer der maßgeblichen Interpreten und Übersetzer der lateinamerikanischen Befreiungstheologie.

In seinem Beitrag „Vom Umgang der Religionen mit Sterben und Tod“, ursprünglich ein Vortrag, den er vor dem Hospizverein in Erlangen gehalten hatte, schrieb der Missions- und Religionswissenschaftler an dieser Stelle im Jahr 2003, fünf Jahre vor seinem eigenen Tod (MD 11/2003, 417ff): „So verschieden die Religionen in ihrem Todesverständnis und ihren Trauer- und Begräbnis-Riten sind: Der Tod ist eine Realität, die nicht verdrängt wird ... Wie geht man mit Tod und Sterben um? Wichtig ist hierbei, dass es Personen gibt, die das wissen. Oft ist es schon eine Entlastung, wenn Menschen da sind, die raten können, besonders bei plötzlichen Todesfällen. Zeremonien, Riten werden oftmals als etwas Äußerliches belächelt. Ich meine aber, sie bieten Stabilisierung und Orientierung, die man nicht geringschätzen sollte.“ Am 21. Mai 2009, dem Fest Christi Himmelfahrt, ist Hermann Brandt nach schwerer Krankheit im Alter von 68 Jahren in Erlangen verstorben. Wenige Tage später wurde er auf dem Neustädter Friedhof unter großer Anteilnahme kirchlich beerdigt. Die Redaktion des MD verliert mit Hermann Brandt einen äußerst kompetenten Autor. Er und seine Beiträge werden uns fehlen.


Matthias Pöhlmann