Gesellschaft

Zunehmende Säkularisierung

Unter dem Titel "Perspektive Deutschland" haben die Unternehmen McKinsey & Company, T-Online, die Zeitschrift Stern, und das ZDF Ende des Jahres 2002 die weltweit größte Internet-Umfrage zu gesellschaftspolitischen Themen durchgeführt. Befragt wurden die Teilnehmer nach ihrer Meinung zum Zustand und zum Reformbedarf von mehr als 20 ausgewählten Institutionen (vgl. www.Perspektive-Deutschland.de).

Wenig erfreulich sind die Ergebnisse für die beiden großen Kirchen: Zwar attestieren die Befragten beiden großen Kirchen keinen hohen Verbesserungsbedarf, sie bewerten sie jedoch zugleich in ihrer Aufgabenerfüllung und ihrer Vertrauenswürdigkeit gering. Lediglich 11 % der Befragten äußerten ein hohes Vertrauen in die katholische Kirche; 12 % beurteilen ihre Aufgabenerfüllung als gut. Die evangelische Kirche schneidet etwas besser ab: 17 % halten sie für vertrauenswürdig und 18 % bestätigen ihr eine gute Aufgabenerfüllung. Einen "dringenden Verbesserungsbedarf" sehen 18 % bei der evangelischen Kirche und 29 % bei der katholischen Kirche. Im Internet schreiben die Autoren der Studie: "Eine deutlich kritische Sicht der Kirchen, gleichzeitig aber kaum wahrgenommener Reformbedarf - dies reflektiert die zunehmende Säkularisierung der Gesellschaft." Nur 4 % der Befragten sind der Meinung, dass Verbesserungen in den beiden Kirchen ein dringendes Thema für die Gesamtgesellschaft sei.

Ungewöhnlich hoch sind auch die Ergebnisse der Befragung mit Blick auf atheistische bzw. religionsferne Positionen: 12% betrachten sich als Atheisten, 24 % als "eher nicht religiös". Mit 36 % reicht diese Zahl fast an die 39 % derer heran, die sich als religiös bezeichnen. Übrigens bezeichnen sich damit wesentlich weniger Menschen als religiös, als es Kirchenmitglieder gibt: Im Jahre 2001 gehörten ca. 65 % der Bevölkerung der katholischen oder evangelischen Kirche an. Der vorliegenden Internet-Umfrage nach gäbe es also ca. 20 % Kirchenmitglieder, die sich als "nicht religiös" einstufen.

Die Frage ist, wie repräsentativ solche Umfragen sind. Die Initiatoren weisen darauf hin, dass immerhin 356.000 Teilnehmer gezählt wurden. Allerdings ergibt sich eine Verzerrung daraus, dass nur teilnehmen konnte, wer über einen Internetanschluss verfügt. Im Kern dürften die Ergebnisse dennoch einen allgemein vorhandenen Trend widerspiegeln. In jedem Fall sollten sie zu denken geben und kirchliches Handeln wird sich ihnen stellen müssen.

Andreas Fincke