„Zwölf Stämme“ haben Deutschland verlassen
(Letzter Bericht MD 8/2016, 312f). Die letzten Mitglieder der Glaubensgemeinschaft „Zwölf Stämme“ sind Ende 2016 von Deutschland in die Tschechische Republik umgezogen, wie die „Augsburger Allgemeine“ berichtete. Im September 2015 hatte die Glaubensgemeinschaft ihren Umzug angekündigt und damit begründet, dass sie sich in Deutschland ungerecht behandelt fühle (vgl. MD 11/2015, 424f). Die sich selbst als urchristlich verstehende Gruppierung war in den vergangenen Jahren wegen fragwürdiger Erziehungsmethoden und Gewalt gegen Kinder in die Schlagzeilen geraten. Ihre Mitglieder lehnten es auch ab, Kinder in öffentliche Schulen zu schicken, weshalb sie immer wieder mit den deutschen Behörden in Konflikt gerieten.
Im September 2013 wurden nach einem kritischen Fernsehbericht 24 Kinder aus Familien der Gruppe in Obhut genommen (vgl. MD 11/2013). Im Jahr 2015 wurden zwei Mütter wegen gefährlicher Körperverletzung ihrer Kinder zu Bewährungsstrafen verurteilt (vgl. MD 3/2015). 2016 verurteilte das Landgericht Augsburg eine Erzieherin der Glaubensgemeinschaft wegen der Misshandlung Schutzbefohlener zu zwei Jahren Haft. Sieben Kinder, die bei den „Zwölf Stämmen“ mit Ruten gezüchtigt und deshalb vom Kreisjugendamt in Obhut genommen worden waren, leben laut Presseberichten aktuell noch bei Pflegefamilien.
Schon in den letzten Monaten hatten viele Mitglieder der „Zwölf Stämme“ das Landgut Klosterzimmern im Landkreis Donau-Ries verlassen, wo die Gruppe seit 2001 ihren Deutschlandsitz hatte. Der neue Eigentümer des Gutes bestätigte nun, dass inzwischen alle Anhänger ausgezogen sind. Im örtlichen Landratsamt sieht man den Umzug der Sekte nicht mit Erleichterung, sondern mit Sorge. In Tschechien sei die körperliche Bestrafung von Kindern nicht vollständig verboten, sodass die Kinder nun nicht mehr durch die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit und der gewaltfreien Erziehung geschützt seien.
Ihren Ursprung hat die Gemeinschaft, benannt nach den zwölf Stämmen Israels, in Chattanooga (Tennessee, USA), wo sie 1972 gegründet wurde. Die Mitgliederzahl weltweit wird auf 2000 geschätzt, in Deutschland sollen es zeitweise bis zu 140 gewesen sein.
Michael Utsch, 15.01.2017