Liberale Theologie

Zum Christsein heute gehört unweigerlich das Bewusstsein, selbst anders Christ zu sein als andere Christen. Gleiches gilt für das Nachdenken über das Christsein. Es vollzieht sich immer in Abgrenzung von anderen theologischen Richtungen, Parteien oder Schulen. Weil sich das Christentum spätestens mit dem Anbruch von Reformation, Neuzeit und Moderne in eine Vielfalt von Konfessionen, Strömungen und Gruppierungen aufgespaltet hat, sind Frömmigkeit und Theologie positionell geworden: Wer Christ oder Christin ist und wer Theologie treibt, verortet sich dabei zwangsläufig in einem Feld einander widersprechender Positionen.

Einer der Schlüsselbegriffe derartiger theologischer Selbstpositionierung, hauptsächlich im protestantischen Christentum,1  ist die Bezeichnung „liberale Theologie“ (von lat. liberalis, freigebig, großzügig, freisinnig, eines Freien würdig). Gemeint ist eine Theologie, die für sich eine charakteristische „Freiheitlichkeit“ in Anspruch nimmt, insbesondere die Freiheit zur Ablösung von bestimmten überkommenen Formen und Gehalten und zur partiellen Neugestaltung des Christentums. Eine solch „freiheitliche Theologie“ wird wiederum aus anderer Warte rundheraus als illegitim eingestuft, bis hin zum Vorwurf des Verrats am Christentum. Der aus diesem Gegensatz geborene Streit um die „liberale Theologie“ markiert eine maßgebliche Konfliktlinie innerhalb des gegenwärtigen Christentums mindestens in Deutschland. Wer die Lage des Christentums hierzulande verstehen will, muss diesen Grundkonflikt verstehen. Dazu aber muss geklärt werden, was der umstrittene Begriff genauer bedeutet. Also: Worin besteht die „Liberalität“ der „liberalen Theologie“? Welche theologischen Grundentscheidungen trifft sie, aus welchen Gründen und mit welchen Folgen für Theologie und Frömmigkeit?2

Theologische Gegensätze

Wie bereits angedeutet geht es in der fraglichen Kontroverse um die Grundausrichtung der Theologie. Der Ausdruck „liberale Theologie“ bezeichnet eine Grundrichtung, Grundposition oder einen Grundtypus von Theologie. Einerseits fungiert er häufig als Schimpfname für eine entschieden abzulehnende Fehlform von Theologie. Die emphatische Ablehnung, die sich bis zu religiöser Abscheu steigern kann,3  nimmt namentlich innerhalb des Evangelikalismus die Funktion eines negativen Basiskonsenses ein, der wesentlich zur Gruppenidentität beiträgt.

Auf der anderen Seite dient der Titel zur Selbstbezeichnung einer theologischen Position. Auch hierbei kann eine gewisse Emphase mitschwingen, aus der etwa das Pathos kritischer Wahrhaftigkeit oder der Stolz geistiger Avantgarde spricht – und teils wohl auch ein protestantischer Trotz gegenüber jenen Frommen, denen selbst nicht die innere Freiheit gegeben ist, sich von glaubensgesetzlichen Autoritäten zu lösen. Und auch hier schafft die gemeinsame Positionierung ein Verbundenheitsgefühl, das freilich, nicht anders als auf der Gegenseite, regelmäßig durch sachliche Binnendifferenzen und menschlich-allzumenschliche Eitelkeiten überlagert wird.

In beiden Anwendungsfällen verweist die Wendung „liberale Theologie“ (ausdrücklich oder unausdrücklich) auf eine alternative Grundrichtung oder Grundposition, die meist als „konservative Theologie“ firmiert und jeweils gegenläufig bewertet wird. So ergibt sich das Bild einer Grunddifferenz oder Grundpolarität auf dem Feld der theologischen Positionen oder Richtungen. Wie die dabei auftretenden Affekte verraten, scheint es eine entsprechend grundlegende Frage theologischer Identität zu sein, an welchem Punkt des betreffenden Spektrums man sich selber ansiedelt.

Indessen entsteht immer wieder Verwirrung, weil das in Rede stehende Etikett nicht nur, wie beschrieben, als typologischer Terminus für eine Grundrichtung der Theologie in der Moderne in Gebrauch ist, sondern daneben (und ursprünglich) auch als ein historischer Terminus für eine relativ eng umrissene theologische Gruppierung vornehmlich des 19. Jahrhunderts. In die Mitte jenes Jahrhunderts fällt auch die Prägung des Begriffs, in Anknüpfung an ältere Vorläuferkonzeptionen. Einige Schlaglichter sollen im Folgenden den Prozess seiner inhaltlichen Anreicherung und generalisierenden Ausweitung vergegenwärtigen.

Die erste „liberale“ Dogmatik

Die Suche nach den begriffsgeschichtlichen Ursprüngen führt ins Jahr 1774. In diesem Jahr veröffentlicht der Hallische Aufklärungstheologe Johann Salomo Semler (1725–1791) sein Lehrbuch „Institutio ad doctrinam christianam liberaliter discendam“ (1777 in deutscher Fassung unter dem Titel „Versuch einer freiern theologischen Lehrart“). Semler betreibt darin eine dreifache „Liberalisierung“ der Theologie: Indem er in seine Dogmatik historische Reflexionen zur Vorgeschichte, Entstehung und Entwicklung der christlichen Quellen und Lehren einschaltet, schafft er ein Bewusstsein für deren Geschichtlichkeit und prinzipielle Veränderlichkeit (Historisierung des Christentums).

Indem Semler zweitens von der „öffentlichen“ oder „äußerlichen“ Religion (Kirchenzugehörigkeit, öffentlicher Gottesdienst und Unterricht) die „private“ oder „innerliche“ Religion als die eigentliche Gestalt von Christentum abhebt, stellt er die Bedeutung der freien subjektiven Aneignung der Glaubenswahrheiten durch den einzelnen Christen heraus (Subjektivierung des Christentums). Darin macht sich die pietistische Herkunft Semlers bemerkbar. Denn schon im Pietismus wurde gegenüber der protestantischen Orthodoxie (wie schon bei Luther) das notwendige persönliche „Ergreifen“ des Glaubens im „Herzen“ und in der alltäglichen Lebenspraxis hervorgekehrt. Nur was den Einzelnen innerlich berührt und was in seinem oder ihrem Leben wirksam wird, kann im Vollsinne als seine oder ihre Religion gelten. Ein Glaube aus Gehorsam gegen äußere Autorität – das wäre kein wahrhafter Glaube!

Damit wird aber drittens auch die Reichweite der Theologie begrenzt. Sie hat nicht mehr autoritativ die Glaubenswahrheiten zu präsentieren, die alle Christen anzunehmen haben, sondern lediglich die wissenschaftlichen Kenntnisse bereitzustellen, die kirchliche Amtsträger für ihren Beruf benötigen. Sie beansprucht also keine unmittelbare Relevanz mehr für den Glauben der Einzelnen, sondern nur noch für die Gestaltung der „öffentlichen Religion“, die lediglich den äußeren Rahmen für die jeweilige „private Religion“ abgibt (Deautorisierung von Kirche und Theologie).

Der Vater der liberalen Theologie

Eine noch weit bedeutendere Vorreiterrolle für die spätere „liberale Theologie“ kommt einem Schüler Semlers zu: Friedrich Schleiermacher (1768–1834). Ebenfalls im Pietismus groß geworden, verzweifelte er bei seiner Ausbildung zum Prediger an einer Reihe dogmatischer Zumutungen, bevor er an der Aufklärungsuniversität in Halle die Befreiung vom Glaubenszwang fand. Unter dem hinzutretenden Einfluss romantischer und idealistischer Ideen hat Schleiermacher mit seinen „Reden über die Religion“ (1799) und seiner „Glaubenslehre“ (1821/22) dann selbst ein eingreifendes theologisches Liberalisierungs- und Modernisierungsprogramm vorgelegt.

Darin verschärft er den Impuls zur Subjektivierung und Entdogmatisierung des Glaubens, indem er das Religiöse wesentlich in der innerlichen Sphäre des Gefühls lokalisiert. Demnach ist Religion in ihrem subjektiven Kern nicht ein Fürwahrhalten von Glaubenssätzen, sondern ein unbestimmtes Unendlichkeitsgefühl („Sinn und Geschmack fürs Unendliche“), der sich erst nachträglich auch in Vorstellungen und Sätzen ausdrückt. Das bedeutet: Alles Vorstellungshafte und erst recht alles Dogmatisch-Lehrhafte besitzt nur abgeleiteten Rang. Daraus folgt zum einen – das ist das apologetische Leitmotiv der Theorie –, dass die Religion von der aufklärerischen Kritik an bestimmten Glaubenslehren, etwa von Kants Kritik an den Beweisen der Existenz Gottes, von historischen Einsichten über die Entstehung der Bibel oder von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen über die Entstehung der Welt, gar nicht unmittelbar getroffen wird – und mithin auch nicht von entsprechenden Zweifelsanfechtungen. Als bloß sekundäre Gebilde erheben die Sätze und Vorstellungen des Glaubens selbst gar keinen Wahrheitsanspruch; die eigentliche Wahrheit der Religion ist unaussprechlich.

Aus der Nachordnung aller bestimmten Glaubensgehalte folgt aber zum anderen – das ist das emanzipatorische Leitmotiv –, dass sich die subjektive Religion jedem autoritativ-dogmatischen Diktat entzieht. Kirchliche Glaubenssätze haben für den einzelnen Christen keine religiös bindende Kraft. Sie haben für die Einzelne nur Relevanz, sofern und soweit sie innerlich Empfundenes zum Ausdruck, also zu sprachlich-vorstellungshafter Bestimmtheit bringen und damit kommunizierbar machen. So können sich fromme Gemüter in der religiösen Kommunikationsgemeinschaft Kirche wechselseitig in ihrer Frömmigkeit anregen; und sie können in der kirchlichen Glaubenskommunikation einen intersubjektiven Außenhalt für ihre Frömmigkeit finden. Mit Semler gesprochen: Die innerlich-private Religion wird von der öffentlich-kirchlichen Religion nicht normiert, sondern erhält durch sie äußeren Anstoß und institutionelle Verstetigung.

Die skizzierten Ansichten spiegeln sich auch in Schleiermachers Auffassung von Theologie: Sie hat nicht allgemeingültige Glaubensvorschriften zu entfalten, sondern eine Darstellung des Christentums zu geben, die Zeitgenossen ansprechen und überzeugen kann. Damit ist ausdrücklich eine Modernisierungsaufgabe verbunden: Die Theologie hat herauszuarbeiten, was das „Wesentliche“ und heute noch Plausible am Christentum ist und was demgegenüber eher zum Peripheren, Zufälligen und Veralteten gehört. Auf diese Weise hat sie den überlieferten Glauben so zu reformulieren, dass er der sich verändernden Weltanschauung der Menschen standhält – und nicht immer mehr das Ansehen des historisch Überholten, Obsoleten und Obskuren bekommt. Statt in starrem Dogmatismus und Traditionalismus zu verharren und dafür in Kauf zu nehmen, dass das Christentum immer mehr mit dem modernen Wahrheitsbewusstsein in Konflikt gerät, hat die Theologie zwischen der christlichen Tradition und dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Kenntnisse zu vermitteln. Ohne die Kontinuität mit seiner Geschichte abzubrechen, soll behutsame Transformation die allgemeine Zugänglichkeit zum Christentum gewährleisten.

Eine solche Modernisierung ist nach Schleiermachers Dafürhalten nicht eine nach moralischer Ermäßigung oder billigem Applaus heischende „Anbiederung an den Zeitgeist“ (wie heute von konservativer Seite häufig formuliert wird); sie entspricht vielmehr der apologetischen Verantwortung volkskirchlicher Theologie, kognitive Zugangshürden zum Glauben, die durch geistigen Wandel entstehen, ernst zu nehmen und möglichst zu beseitigen. Wo ein Theologe dieser Verantwortung nicht nachkommt und „Alles beim Alten läßt“, da bedeutet dies, wie Schleiermacher in Anspielung an das Gleichnis von den törichten Jungfrauen festhält, „daß er eigentlich nichts thut, und der Herr ihn nicht wachend findet, wenn er kommt“4.

Die liberale Theologie des 19. Jahrhunderts

Als positionelle Richtungsbezeichnung findet sich der Ausdruck „liberale Theologie“ erst Mitte des 19. Jahrhunderts. Gemeint sind stets Theologen, die sich dem Modernisierungsimpuls Schleiermachers verpflichtet fühlen, wenn sie ihn auch jeweils anders umsetzen. Gemeinsam ist ihnen ein Sinn für die unhintergehbare Subjektivität des Glaubens, welche dogmatisch-kirchlicher Fremdbestimmung prinzipiell entgegensteht, sowie für die Geschichtlichkeit von Christentum und Theologie. Sie vertreten eine Theologie, die wissenschaftlich anschlussfähig sein will und sich damit dezidiert von der antimodernen Grundeinstellung und den Absolutheitsansprüchen eines Konservativismus abhebt, wie er in der Erweckungsbewegung (z.B. A. Tholuck), in der „konfessionellen Theologie“ (z.B. E. W. Hengstenberg) und später in der „biblischen Theologie“ (z.B. A. Schlatter) begegnet. Mit dieser Programmatik reagieren die Liberalen auf die wahrgenommene Entkirchlichung und Entchristlichung der Gesellschaft. Weil Frömmigkeit und wissenschaftliche Weltanschauung immer weiter auseinanderzuklaffen drohen, unternehmen sie den Brückenschlag zwischen christlicher Tradition und modernem Geist.

Der Positionsname „liberale Theologie“ bezieht sich im 19. Jahrhundert vorwiegend auf drei Zentren. Beim 1863 gegründeten Deutschen Protestantenverein wird der Ausdruck geradezu als kirchen- und dogmenkritischer Kampfbegriff in Stellung gebracht. Er richtet sich gegen die mächtigen Tendenzen innerhalb der Kirche, in „grundsätzlicher Opposition“ gegen „das moderne Bewußtsein und die moderne Cultur“ zu verharren,5  und er versucht (vergebens), das politisch liberale Bürgertum für eine liberalprotestantische Einheitskultur und eine nationale Volkskirche zu gewinnen. Gegen diese „altliberale“ Form von „Kulturprotestantismus“6  grenzen sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts zwei eng miteinander verbundene „neuliberale“ Kreise ab: die Theologen im Umfeld der Zeitschrift „Die christliche Welt“ (M. Rade, F. Naumann u.a.) und die „Religionsgeschichtliche Schule“ (W. Bousset, E. Troeltsch u.a.). Sie sehen deutlicher die Gefährdungen, welche die Moderne durch die historische Relativierung und Pluralisierung aller Werte heraufgeführt hat. Nichtsdestoweniger bleiben sie der historischen und subjektivitätstheoretischen Ausrichtung der Theologie treu.

Eine große Nähe gibt es ferner zu Theologen der Schule Albrecht Ritschls (1822–1889). So können Adolf von Harnacks (1851–1930) Vorlesungen über „Das Wesen des Christentums“ (1900) als eines der breitenwirksamsten Werke der liberalen Theologie gelten. Harnack verabschiedet darin die altkirchliche Zweinaturen-Christologie als eine dem antiken Denken verhaftete Form der Glaubensreflexion. Stattdessen plädiert er dafür, sich an Jesu Verkündigung von der Gotteskindschaft und dem innerlichen Anbruch des Reiches Gottes sowie an seine Botschaft vom „unendlichen Wert der Menschenseele“ zu orientieren. Ähnlich bedeutsam für die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg ist der Marburger Theologe Wilhelm Herrmann (1846–1922). Er warnt in seiner Schrift „Der Verkehr des Christen mit Gott“ (1886, 71921) eindringlich davor, persönliches Christentum an den Gehorsam gegenüber irgendwelchen „Lehrgesetzen“ (z.B. gegenüber einer vorweg anerkannten Autorität der Bibel) zu knüpfen. Das Urerlebnis des Glaubens fasst Herrmann als persönliches Ergriffensein durch das Bild Jesu, wie es in den Evangelien gezeichnet wird.

„Liberale Theologie“ als negativer Kampfbegriff

In der Krise nach dem Ersten Weltkrieg bricht eine Gruppe jüngerer Theologen (K. Barth, F. Gogarten u.a.) mit der Generation der eigenen Lehrer und erhebt die Wendung „liberale Theologie“ zum Inbegriff für die theologischen Fehlentwicklungen seit der Aufklärung. Hier habe eine Anpassung der Theologie an den Geist der Moderne und die bürgerliche Kultur stattgefunden, welche das Proprium des Christentums, die vermittlungslose Offenbarung des „ganz anderen“ Gottes in Jesus Christus, verfehlt habe. Mit dieser polemischen Generalisierung setzt sich neben dem spezifisch historischen der typologische Gebrauch der Wendung für eine theologische Grundoption in Vergangenheit und Gegenwart durch.7

Infolge der wachsenden Dominanz der Theologie Barths gerät die liberale Theologie – sei es im Sinne einer spezifischen Anknüpfung an die einschlägigen Schulen des 19. Jahrhunderts, sei es in einem allgemeineren Sinne programmatischer Modernitäts- und Kulturoffenheit – seit Mitte der 1920er Jahre mehr und mehr in eine „Außenseiterposition“8, bis hin zur weitgehenden Unsichtbarkeit. Erst als ein Aufsatz des Marburger Theologen Rudolf Bultmann (1884–1976) nach dem Zweiten Weltkrieg ins Kreuzfeuer pietistischer Kritiker gerät, rückt Anfang der 1950er Jahre mit der „Entmythologisierungsdebatte“ erneut ein altes liberaltheologisches Thema in den Fokus: das Problem des historischen Abstands biblischer Gehalte von den wissenschaftsgeleiteten Anschauungen der Moderne. Es tritt zutage, dass sich derartige Probleme nicht mit theologischen Machtworten aus der (modernen) Welt schaffen lassen.

Auf pietistisch-konservativer Seite löst das unerwartete Wiederauftauchen liberaltheologischer Gedanken Entsetzen und Empörung aus, was zur Begründung einer neuen, entschieden konservativen Vereinigung führt, die zur Vorgeschichte des Evangelikalismus in Deutschland gehört: der Bekenntnisbewegung „Kein anderes Evangelium“ (1966). Auf der anderen Seite dauert es etwas länger, bis (jenseits der exegetischen Bultmann-Schule) die liberale Tradition innerhalb der akademischen Theologie in Deutschland wieder eine breitere positive Rezeption erfährt. Von dieser Renaissance zeugen die Gründung der Ernst-Troeltsch-Gesellschaft (1981) und der Internationalen Schleiermacher-Gesellschaft (1996) sowie die Inangriffnahme kritischer Gesamtausgaben der Werke Schleiermachers (seit 1980) und Troeltschs (seit 1998). Erst in jüngster Zeit sind einige (sehr unterschiedliche) Christentumsdarstellungen aus liberaltheologischen Federn erschienen.9 – Vor dem Hintergrund des historischen Abrisses lassen sich nun wesentliche Maximen des liberalen Typus von Theologie auflisten.

Grundsätze liberaler Theologie

1. Liberale Theologie ist modernitätsoffene Theologie. Sie wird angestoßen durch die Wahrnehmung, dass sich mit der Moderne ein epochaler geistiger Wandel vollzogen hat, der das Christentum vor Probleme im Verhältnis zu den eigenen Ursprüngen stellt. Weil sich durch den Aufstieg der modernen Wissenschaften das Weltbild tiefgreifend verändert hat, besteht eine partielle weltanschauliche Fremdheit zwischen christlicher Tradition und Gegenwart. Die liberale Theologie fordert aber die Zeitgenossen nicht etwa dazu auf, ihr wissenschaftlich geprägtes Wahrheitsbewusstsein zugunsten ihres Christentums zu verleugnen – dies würde den Glauben mit einem schlechten (Wahrheits-)Gewissen belasten. Stattdessen sucht sie im unbefangenen Gespräch mit Wissenschaften und Philosophie zwischen christlicher Tradition und Moderne zu vermitteln, um eine vernunftkompatible Gestalt von Christentum zu etablieren.

2. Liberale Theologie ist freiheitliche Theologie. Neben der Einschätzung, dass sich der jeweils erreichte Bildungsstand auf die Dauer nicht leicht verdrängen lässt, ist ihr Vermittlungswille von der reformatorischen Überzeugung geleitet, dass nur in persönlicher Freiheit und Wahrhaftigkeit vollzogene Religion wahrhafte Religion ist. Dies beinhaltet die Abweisung jedweden autoritativen Anspruchs gegenüber religiösen Subjekten, zugunsten der Religion ihre Autonomie zu opfern.

3. Liberale Theologie ist kritische Theologie. Das Unterfangen, sich mit der modernen Vernunft ins Benehmen zu setzen, setzt die Bereitschaft zur Kritik voraus. Es erfordert die unbefangene historisch-kritische Wahrnehmung des Gewordenseins der christlichen Quellen und Überlieferungen, auch wenn dies die Relativierung ihrer Geltung bedeutet. Es erfordert zweitens die Bereitschaft zur philosophisch-wissenschaftlichen Sachkritik und zur Verabschiedung offen widervernünftiger Traditionselemente. Endlich schließt die benannte Modernitätsoffenheit den Mut zu differenzierter Religionskritik ein. Liberale Theologie muss den Illusions- und „Ideologieverdacht gegen sich selbst“ (Paul Tillich), welcher der Religion in der Moderne anhaftet, nicht verdrängen, sondern kann ihn als „protestantisches“ Korrektiv gegenüber allen fundamentalistischen Selbstverabsolutierungstendenzen bejahen.10

4. Liberale Theologie ist Religionstheologie. Gegenüber der älteren Theologie als einer „Wissenschaft von Gott“ vollzieht sie eine „anthropologische Wende“ und begreift sich als Wissenschaft von der menschlichen Religion namens Christentum. Denn als kritische Theologie weiß sie, dass die menschlichen Quellen des Christentums nicht Wissen von Gott mitteilen, sondern Glauben an Gott bezeugen. Ferner weiß liberale Theologie als Wissenschaft von der christlichen Religion, dass sie selbst nicht Religion ist, sondern eine Reflexion über gelebte Religion. Auch wenn in der Theologie „wissenschaftlicher Geist“ und „religiöses Interesse“ (Schleiermacher) miteinander verbunden sind,11  verhilft das besagte Differenzbewusstsein zu einer Sachlichkeit, die dem Ziel der Theologie, dem gelebtem Christentum förderlich zu sein, am besten dient. Darin ist das Zutrauen vorausgesetzt, dass der wissenschaftlich distanzierte „Standpunkt über dem Christentum“, den das Theologensubjekt bezieht (wie jedes christliche Subjekt in Stunden reflexiver Selbstdistanz), nicht dauerhaft daran hindert, immer wieder auch den frommen „Standpunkt im Christentum“ (Schleiermacher) einzunehmen.12

5. Liberale Theologie ist Subjektivitätstheologie: Als kritische Religionstheologie akzentuiert sie die subjektive Aneignung des Christlichen und stuft die Objektivität entsprechend zurück, also die objektive Geltung eines überlieferten Kanons oder eines überlieferten Dogmas oder jeder anderen autoritativen Definition des Christlichen. Dementsprechend hat sie ihr Zentrum in einer Theorie christlich-religiöser Subjektivität. Sie analysiert die innere christliche Erfahrung, die in Gestalt von Erlebnissen, Gefühlen, Stimmungen und korrespondierenden Gedanken vorliegt, in denen Welt und Selbst eine Tiefe und Weite, Halt und Heil gewinnen, die das vor Augen Liegende, Endliche überschreiten. Aber sie weiß zugleich, dass ihr Subjektivismus „anschlußbedürftiger Subjektivismus“ (Ernst Troeltsch)13  ist, insofern er sich im Anschluss an das „objektive Christentum“ aufbaut, das in der Tradition und in der religiösen Gemeinschaft verkörpert ist. Wie die von ihr beschriebene Frömmigkeit changiert liberale Theologie folglich zwischen Teilhabe am und kritischer Distanz zum gegebenen Christentum.

6. Liberale Theologie ist pluralitätsoffene Theologie: Aus ihrem Wissen um die menschliche Relativität aller religiösen Bezüge auf Gott und aus ihrer Distanz zu religiösen Absolutheitsansprüchen resultiert ein Sinn für die notwendige Pluralität des Religiösen, und daraus folgt: Sie ist tolerante Theologie. Denn wenn es der Freiheit persönlicher Aneignung obliegt zu bestimmen, was für mich authentische Religion ist, dann räume ich auch dem anderen diese Freiheit ein und lehne jeden Zwang in der Religion als widerreligiös ab.

7. Liberale Theologie ist apologetische Theologie: Mit ihrer Vermittlung zwischen Tradition und Moderne verteidigt sie das Christentum gegen die beiden großen Abwege der Religion in der Moderne: einerseits gegen die dogmatistische oder fundamentalistische Verhärtung, andererseits gegen die skeptizistische oder säkularistische Auflösung. Somit sucht sie die „Mittelposition“ (Peter L. Berger)14  zwischen Dogmatismus/Fundamentalismus und Skeptizismus/Säkularismus zu halten. Wesentliche Elemente dieser apologetischen Bemühung sind der philosophische Aufweis religiöser Momente im Aufbau menschlicher Subjektivität (in der liberalen Tradition häufig „religiöse Anlage“ genannt) sowie die theologische Ausarbeitung gegenwartsplausibler Auffassungen des Christentums.

Das Grundproblem liberaler Theologie

Nachdem die infrage stehende theologische Position historisch und sachlich Kontur gewonnen hat, soll zum Schluss immerhin noch der konservative Standardeinwand gegen sie angeschnitten werden. Er lautet in etwa: Als kritische, subjektivistische Religionstheologie löst die liberale Theologie die objektiven, verlässlichen Glaubensgrundlagen auf und verzichtet auf objektive Gottesaussagen sowie überhaupt auf objektive Wahrheitsansprüche. Damit aber verunmöglicht sie jeden unmittelbaren Gottesglauben und unterhöhlt jede stabile Glaubensgewissheit. Im Ergebnis überlässt sie die Glaubenden schutzlos dem radikalen Zweifel und befördert am Ende jene Verflüchtigung des Christentums in der säkularen Welt, der sie angeblich entgegenarbeiten wollte.

Dieser Einwand ist nicht ohne Weiteres zu entkräften. Denn unbestreitbar sind der liberalen Theologie die objektiven Fundamente und Gewissheiten des Glaubens im Zuge ihrer Aufnahme des kritischen Geistes der Moderne abhandengekommen. Tatsächlich hält sie die angestrebte und womöglich einstmals durch Bibel, Dogma und Kirche gewährte objektive Verbürgung der Glaubenswahrheit unter modernen Bedingungen für unerschwinglich. Übrig bleiben ihr lediglich mehr oder weniger flüchtige Momente subjektiver Glaubensinnigkeit, die niemals endgültig festgehalten werden können, sondern immer wieder gesucht werden müssen.

Allerdings kann von liberaltheologischer Seite ein gewichtiger Gegeneinwand vorgebacht werden. Denn dass der konservative Wille zur Sicherung der objektiven Fundamente und Gewissheiten des Glaubens sein Ziel tatsächlich erreicht, ist nicht ausgemacht.15  Protestantischer Konservativismus unternimmt die religiös gewünschte Sicherung zumeist mithilfe einer axiomatischen Offenbarungstheologie: Im Glauben sei vorausgesetzt, dass sich Gott in Jesus Christus bzw. in der Heiligen Schrift zu erkennen gegeben habe. Diese Voraussetzung lasse sich zwar nicht vernünftig-objektiv als wahr erweisen, aber sie erweise sich im Glauben selbst als wahr.

Die objektive Gültigkeit der Glaubensfundamente wird als rational uneinholbare Voraussetzung des Glaubens festgehalten, um ihm Sicherheit zu verleihen. Die entscheidende Frage ist, ob damit der Schritt aus der beanstandeten Subjektabhängigkeit der liberalen Theologie hinaus gelingt. Denn die Voraus-Setzung solcher Objektivität ist ja selbst ein subjektiver Akt von Theologenpersonen, welche selbigen Akt für alle frommen Subjekte empfehlen. Die Behauptung von objektiver Gültigkeit ist eine subjektive Behauptung, die Zuschreibung absoluter Autorität eine subjektive Zuschreibung usw. Von dieser Beteiligung des Theologensubjekts lässt sich, sobald man in einen Moment kritischer Selbstreflexion gerät, einfach nicht absehen. Der vermeintliche Objektivismus konservativer Theologie erweist sich, so gesehen, selbst als Subjektivismus, aber anderer, nämlich verdeckter Art. Die objektive Sicherheit, die vermittelt werden soll, beruht auf einer subjektiven Versicherung: auf einer wohlmeinenden Beteuerung des Offenbarungstheologen (m/w/d).

Theologie in der Moderne

Subjektivismus ist das Schicksal der Theologie in der Moderne, wie bewusst auch immer sie ihn vollzieht. Ist einmal die kritische Einsicht erwacht, dass es nirgendwo einen Ort gibt, an dem sich Gott oder das Göttliche in irgendeiner objektiven, bewusstseinsunabhängigen Weise zu erkennen geben, wird religiöse Gewissheit zu einer subjektiven, instabilen Größe. Die liberale Theologie hat versucht, sich auf diese Situation unbefangen einzustellen, und hat dabei jeden Schein von letzter Objektivität fallen lassen. Ihre liberalitas lässt sich von daher vielleicht am besten mit „Unbefangenheit“ wiedergeben. Summarisch ließe sich sagen: Liberal ist diejenige Theologie, die unbefangen auf die modernen Bedingungen des Glaubens und Denkens einzugehen weiß.

Dem Christentum und der Kirche, denen sie sich verpflichtet weiß, mutet die liberale Theologie damit viel zu. Und sie hat ihnen als Resultat nicht mehr anzubieten als eine unabschließbare Reihe von mehr oder weniger gelungenen Versuchen zur Neugestaltung eines gegenwärtig vertretbaren Christentums. Sie wird daher immer wieder Kritik auf sich ziehen. Der Streit mit den „Konservativen“ wird weitergehen, sei es mit einem Konservativismus akademischer Theologie oder mit einem evangelikalen Konservativismus, der in Teilen jegliche akademische Theologie als „liberal“ abzulehnen pflegt.16

Weil aber in der Kirche Konservative und Liberale zum Gedeihen des Christentums zusammenwirken sollen, kommt es darauf an, den prinzipiellen Gegensatz, der zwischen ihnen auf dem „Standpunkt über dem Christentum“ herrscht, angesichts des gemeinsamen „Standpunktes im Christentum“ zurücktreten zu lassen. Es gilt sich immer wieder daran zu erinnern, dass im gemeinsamen Glaubensgegenstand „Gott in Christus“, so unterschiedlich er jeweils gefasst wird, eine fundamentale Einheit vorliegt, die noch die größten Differenzen im Umgang mit dem Schicksal der Religion in der Moderne transzendiert und damit theologische Toleranz und religiöse Gemeinschaft stiftet.


Martin Fritz, Juli 2024

 

Literatur

Barth, Ulrich (2004): „Die Religionstheorie der ‚Reden‘. Schleiermachers theologisches Modernisierungsprogramm“, in: Ders., Aufgeklärter Protestantismus, Tübingen: Mohr Siebeck, 259–289.

Barth, Ulrich (2023): Symbole des Christentums. Berliner Dogmatikvorlesung, hg. von Friedemann Steck, Tübingen: Mohr Siebeck, 2. Aufl.

Danz, Christian (2024): Systematische Theologie, Tübingen: Francke, 2. Aufl.

Fritz, Martin (2021a): „Christlicher Fundamentalismus“, in: ZRW 84,4 (2021), 309–318 (online: https://tinyurl.com/2xwn5k2j).

Fritz, Martin (2021b): Im Bann der Dekadenz. Theologische Grundmotive der christlichen Rechten in Deutschland, Berlin: EZW (Kurzfassung in: Johann Hinrich Claussen/Martin Fritz u.a.: Christentum von rechts. Theologische Erkundungen und Kritik, Tübingen: Mohr Siebeck 2021, 9–63).

Fritz, Martin (2014): „Schleiermachers Idee theologischer Bildung. Zur Aktualität der ‚Kurzen Darstellung des theologischen Studiums‘“, in: Markus Buntfuß/Martin Fritz (Hg.): Fremde unter einem Dach? Die theologischen Fächerkulturen in enzyklopädischer Perspektive, Berlin: de Gruyter, 167–218 (online: https://tinyurl.com/4kxnsmr6).

Fritz, Martin (2019): „Selbstkritische Affirmation. Tillichs ‚protestantisches Prinzip‘ als Kennzeichen pluralismusfähiger Religion“, in: Raymond Asmar u.a. (Hg.): Reformation und Revolution im Denken Paul Tillichs, Berlin: de Gruyter, 131–172 (online: https://tinyurl.com/yc5wh94a).

Gräb, Wilhelm (2009): „Was bedeutet liberales Christentum im 21. Jahrhundert?“, in: Werner Zager (Hg.): Liberales Christentum. Perspektiven für das 21. Jahrhundert, Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1–17.

Graf, Friedrich Wilhelm (2001): Art. „Kulturprotestantismus“,RGG4 4, 1850–1852.

Graf, Friedrich Wilhelm (2002): Art. „Liberale Theologie I./III.“, RGG4 5, 310–313.

Graf, Friedrich Wilhelm (Hg.) (1993): Liberale Theologie. Eine Ortsbestimmung, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus.

Huizing, Klaas (2022): Lebenslehre. Eine Theologie für das 21. Jahrhundert, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus.

Jacobs, Manfred (1991): Art. „Liberale Theologie“, TRE 21, 47–68.

Schleiermacher, Friedrich (1829): „Über die Glaubenslehre. Zwei Sendschreiben an Lücke“, in: Ders.: Theologisch-dogmatische Abhandlungen und Gelegenheitsschriften, hg. v. H.-F. Traulsen (KGA I/10), Berlin/New York: de Gruyter 1990, 309–394.

Wallmann, Johannes (1993): Kirchengeschichte Deutschlands seit der Reformation, Tübingen: Mohr Siebeck, 4. Aufl.

Wolfes, Matthias (1999): Protestantische Theologie und moderne Welt. Studien zur Geschichte der liberalen Theologie nach 1918, Berlin/New York: de Gruyter.

Wolfes, Matthias (2003): Art. „Neuprotestantismus II.“, RGG4 6, 240–241.

 

Anmerkungen

  1. Der Begriff wurde sekundär auch auf Katholizismus, Judentum, Islam, Buddhismus und Sikhismus übertragen (vgl. Graf 2002, 310); davon wird in diesem Artikel abgesehen.
  2. Der Autor dieses Textes rechnet sich selbst der liberalen Theologie zu. Dennoch ist im Folgenden nicht primär ein apologetisches Interesse leitend, sondern die Absicht, über einen Leitbegriff der gegenwärtigen positionellen Auseinandersetzungen in Theologie, Kirche und Gesellschaft zu informieren.
  3. Vgl. dazu den aktuellen Podcast der evangelikalen Influencerinnen Jana Highholder und Jasmin Neubauer „Jana & Jasmin – In Tagen wie diesen…“, Folge 4 vom 01.05.2024 „Warum wir lieber Atheisten wären als ‚liberal gläubig‘“. Invektiven gegen die liberale Theologie gehören auch zum Standardrepertoire rechtspopulistischen Christentums jedweder konfessionellen Provenienz; vgl. Fritz 2021b, 18–20. 69–86.
  4. Schleiermacher 1829, 345f.
  5. [Richard Rothe:] Dr. Rothe’s Thesen über die Frage: Durch welche Mittel können die der Kirche entfremdeten Glieder ihr wiedergewonnen werden?, in: Der erste Deutsche Protestantentag, gehalten zu Eisenach am 7. und 8. Juni 1865, Elberfeld 1865, 22–24, hier 23.
  6. Der Ausdruck „Kulturprotestantismus“ wird oftmals in einem Atemzug mit dem Etikett „liberale Theologie“ gebraucht. Siehe zum Begriff und zur Inhomogenität der Strömung Graf 2001.
  7. Die Typologisierung der Wendung wirkt wiederum auf die Historiographie zurück: Infolge der generalisierenden Weitung wird es von nun an üblich, der liberalen Theologie weitere Gruppierungen und Strömungen zuzuschlagen, etwa den theologischen Rationalismus, die historisch-kritische Tübinger Schule (vgl. Wallmann 1993) oder die Religionspsychologie W. Wundts und R. Ottos (vgl. Jacobs 1991).
  8. Wolfes 2002, 311.
  9. Barth 2023; Danz 2024; Huizing 2022
  10. Siehe dazu Fritz 2019.
  11. Siehe dazu Fritz 2014.
  12. Siehe dazu Fritz 2014, 197.
  13. Siehe dazu Fritz 2014, 191.
  14. Siehe dazu Fritz 2019.
  15. Siehe dazu Fritz 2021, 69–86.
  16. Die damit angesprochene Verschieblichkeit der Grenze zwischen „konservativ“ und „liberal“ ist ein Problem der Debatte für sich, das nicht en passant geklärt werden kann. Es wirft die Frage auf, an welchem Punkt bei akademischen Theolog:innen konservativer Ausrichtung die unbefangene Wissenschaftlichkeit abgebrochen wird. Wie angedeutet zeigt sich dieser Punkt in der Systematischen Theologie wohl am deutlichsten in den prinzipientheoretischen „Prolegomena“, vorwiegend im Verständnis von Schrift und Offenbarung.