New Age
Als New Age (auch Wassermannzeitalter / Age of Aquarius) bezeichnet man eine spirituelle und sozialutopische Bewegung, die um 1970 von Kalifornien ausgehend die westliche Welt durchzog. Auf ein verbreitetes Krisenbewusstsein reagierend, erwartete sie eine fundamentale Veränderung des menschlichen Bewusstseins („Wendezeit“), welche sich auf Religion, Kultur, Gesellschaft, Wissenschaft und Politik auswirken werde. Aus dieser Veränderung werde schließlich ein neuer Mensch entstehen und ein Zeitalter von Frieden, Freiheit und Harmonie anbrechen. Mit der Zeit begannen New-Age-Vertreter durch Arbeit in sozialen Bewegungen (Ökologie, Frieden) diese Veränderung aktiv herbeizuführen. Die Bewegung ist später teilweise in die Mainstreamkultur eingedrungen, teilweise in eine Strömungsesoterik mit Konsumcharakter diffundiert.
Begriff und Geschichte
New Age als Bezeichnung einer Bewegung der 1970er bis 1980er Jahre lässt sich am ehesten David Spanglers Werk „Birth of a New Age“ (1971) zuordnen. Allerdings tauchte die Wendung schon bei englischen Romantikern um 1800 auf und ist im religiös fruchtbaren 20. Jahrhundert häufig für diverse Zeitenwendevorstellungen belegt. Nicht jedes Auftauchen des Begriffs weist auf einen Ideenzusammenhang hin. Überwiegend geht die Forschung von einem theosophischen Einfluss aus.
Der deutsche Theosoph Leopold Brandstätter („Leobrand“, 1915 –1968) sprach seit den 1930er Jahren vom kommenden „Wassermannzeitalter“, in dem alle Weltreligionen verschmelzen würden. Die „aufgestiegenen Meister“ Krishna, Buddha, Christus und Mohammed assistierten als „Große Weiße Bruderschaft“ den Heutigen beim Übergang zu der neuen Zeit, die aus einem 1931 ausgebrochenen Kulturkampf zwischen Licht und Finsternis hervorgehen werde. Die Engländerin Alice Bailey fand in „The Reappearance of the Christ“ (1948, dt. 1954) die Lehre vom kommenden Wassermannzeitalter sogar schon im Alten und Neuen Testament. Auch sie erwartete die Entstehung einer Weltzivilisation und Einheitsreligion. Sie betonte, dass der Wechsel vom jüdisch-christlich dominierten Fische- ins Wassermannzeichen eine „astronomische Tatsache“ sei, keine astrologische Vorhersage. Der Anspruch, esoterische Erkenntnis sei mit moderner Wissenschaft kombinierbar, wurde prägend. Das moderne New Age beginnt allerdings erst dort, wo sich Begriff und Ideen von theosophischen Systemzwängen emanzipieren.
New Age verarbeitete Elemente aus östlichen Religionen (Zen, Yoga), westlichem Okkultismus (Swedenborg), wissenschaftlicher Sprache, Mystik und Magie zu einer dynamisch-fluiden Weltsicht und einem neuen Lebensgefühl. Seit den 1950er Jahren waren in Kalifornien auf dieser Basis gegenkulturelle Jugendbewegungen (Beatniks, Hippies) entstanden, die sich sowohl dem naturwissenschaftlichen Weltbild als auch bestehenden sozialen Normen und religiösen Systemen entgegenstellten. Mit dem 1962 gegründeten und bis heute bestehenden Esalen-Institut entstand ein Katalysator, der diese spirituellen Themen mit Ich-Erfahrung verknüpfte (Human Potential Movement). In Europa wird später die im selben Jahr gegründete und ebenfalls noch existierende nordschottische Findhorngemeinschaft eine ähnliche Rolle spielen.
Spanglers in Esalen entstandenes o. g. Werk popularisierte den Begriff New Age literarisch – später baute er Esalen zum Seminarzentrum aus, das Tausende prägte (vgl. Storr). Außerdem förderten popkulturelle Momente die Ausbreitung: Belletristik (Fantasy-Literatur, Richard Bachs „Die Möwe Jonathan“, 1967) und das Musical „Hair“ (1967) mit dem Lied „Age of Aquarius“ („Harmonie und Recht und Klarheit! / Sympathie und Licht und Wahrheit! / Niemand wird die Freiheit knebeln, / niemand mehr den Geist umnebeln. / Mystik wird uns Einsicht schenken, / und der Mensch wird wieder denken, / dank dem Wassermann, dank dem Wassermann!“).
New Age beeinflusste in den USA zunächst die Bereiche der humanistischen Psychologie und der Gesundheitspflege, bevor es sich an Themen wie Ökologie und Pazifismus politisierte.
In Deutschland verlief die Entwicklung umgekehrt. Die Krisenstimmung der frühen 1970er Jahre betraf Politik und Gesellschaft, Medizin (Apparatemedizin), Kirchen (Selbstsäkularisierung) und Wirtschaft (Club of Rome 1972). Das Bedürfnis nach neuen Antworten nach dem Scheitern der 1968er ließ eine politische Bewegung teilweise in ein kontrakulturelles New-Age-Bewusstsein umschlagen. Symbolisch ist der Wandel des linken „Trikont-Verlags“, der 1980 als „Dianus-Trikont“ sein Programm auf New Age umstellte (Bochinger, 519). Damals politisierten sich erneut Teile des New Age rund um ökologische, feministische, pazifistische und psychologisch-selbsterfahrungsbezogene Anliegen.
Als Selbstbezeichnung verschwand „New Age“ in Deutschland wegen seines trivialphilosophischen Rufes ab 1990 und wird heute nur noch historisch gebraucht. In den USA bezeichneten sich noch 2010 immerhin 14 % aller Paganen (Neuheiden) als „New Age“ (Lewis / Tollefsen, 71).
Inhalte
New Age blieb immer vage: keine klaren Lehren, Führungspersonen und Sozialstrukturen, sondern eher ein kulturelles Milieu, das sich um Themen und Veranstaltungen (Kongresse, Meditationsgruppen) konstituierte. Wichtig waren Publikationen, wie etwa „Wendezeit“ (1982) des Atomphysikers Fritjof Capra. Marilyn Ferguson prägte – Teilhard de Chardins „Verschwörung der Liebe“ aufgreifend – die einflussreiche Formel des New Age als „Die sanfte Verschwörung“ (1980), zeitgenössisch als „New-Age-Bibel“ bezeichnet. Für Capra wurde der globale Kulturbewusstseinswandel fort vom cartesianisch-mechanistischen Kausaldenken hin zu einem organisch-systemischen Wirklichkeitsverständnis sowohl durch die Entwicklung der Physik als auch durch östliche Weisheit nahegelegt. Dabei geschah die Rezeption buddhistisch-hinduistischer Philosophie allerdings immer eklektisch nutzenorientiert und ohne echtes Verständnis für ihre Fremdheit.
Anders hinsichtlich der Wissenschaft: Schon Niels Bohr und Werner Heisenberg hatten sich über die philosophischen Implikationen ihrer Forschungen geäußert, und eine Reihe früher New-Age-Denker und -Vorläufer waren anerkannte Naturwissenschaftler, darunter der französische Theologe Teilhard de Chardin SJ mit seiner Philosophie des Vitalismus, die Atomphysiker Carl Friedrich von Weizsäcker (Die Einheit der Natur, 1971) und Fritjof Capra, der Biochemiker Rupert Sheldrake („morphogenetische Felder“). Anders die Epigonen: Ferguson beanspruchte zwar noch, die wichtigsten „Neuigkeiten von der vordersten Front der Wissenschaft“ in den Bereichen Neurologie und Systemtheorie zu verarbeiten, besaß aber keinerlei tiefere Kenntnisse. Noch in den späten 1980ern traten auf New-Age-Kongressen anerkannte Naturwissenschaftler auf (vgl. Hemminger / Valentin), aber ähnlich wie beim Spiritismus hundert Jahre vorher zogen sie sich mit dem zunehmenden Reputationsverlust des Gegenstandes zurück. In der nachfolgenden Esoterik taucht Naturwissenschaft nur noch als Imponiervokabel auf (Quantenheilung).
New Age ist durch eine Reihe lose verbundener, frei kombinierbarer Motive und Themenkomplexe zu umreißen.
Transformation des Selbst: New Age sah sich als „Bewusstseinsrevolution“. Besser träfe es „Selbstbewusstseinsrevolution“, war doch das Grundübel nicht die Entfremdung von der Gesellschaft (so die 68er), sondern vom Selbst. Dazu gehörte eine ausgeprägte Ich-Zentrierung. Die frühe „Human Potential“-Bewegung (Carl Rogers) versprach Erfüllung durch Selbstverwirklichung und bereitete den Weg für die Idee, das eigene Denken sei der Anfang jeder Veränderung. Das meinte nicht den Gebrauch der Vernunft für praktische Problemlösungen („technokratisches Weltbild“), sondern die Bewusstseinsarbeit, um ein neuer Mensch zu werden, konkret durch Meditation und soziale Experimente (Ernährung, Sexualität, kommunitäres Leben), anfangs auch durch Drogen (LSD). Ziel dieses neuen Menschen war die Entstehung einer neuen Gesellschaft.
Erfahrung als primäre Erkenntnisquelle: Der zentralen Rolle des Bewusstseins entsprach ein entschlossener Subjektivismus, also eigene Erfahrung als Maß aller Wahrheitsansprüche. Das richtete sich gegen die moderne Wissenschaft und gegen religiöse Normen und Systeme. Die cartesianische Verdinglichung der Welt und das christlich-jüdische Erbe trügen die Schuld an den gegenwärtigen Krisen, galten als diskreditiert. „Spiritualität“ statt Religion bleibt bis heute Ausdruck der Suche nach selbstverantworteter Wirklichkeitsdeutung und Transzendenzerfahrung.
Ritualpraxis: Die Erfahrung eines neuen Bewusstseins wurde durch Rituale erreicht und durch diese mit Sinndeutung versehen. Dabei wurden meist alte Praktiken aus verschiedenen Religionen und Kulturen adaptiert: Meditation, Channeling, Chanting, Feuerzeremonien, Divination (Tarot), Magie.
Ganzheitlichkeit: Hinduistisch-buddhistische Philosophien und moderne Physik aufgreifend wurde „Alles hängt mit allem zusammen“ zum Schlagwort für die gesamte belebte und unbelebte Welt sowie für Selbstverhältnis (Einheit Körper-Geist-Seele) und Weltverhältnis des Menschen. Mensch und Natur als Teile des Göttlichen, das ist die logische Voraussetzung für die Idee des Bewusstseins, das die Realität verändert. Die erstrebte harmonische „Einheit von Mensch und Natur“ wurde oft als „Wiedergewinnung“ eines ehemaligen Idealzustands gesehen und führte zu einer (Re)sakralisierung der Natur. Zusammen mit dem Subjektivismus führte dieser Holismus außerdem zu einer Relativierung von Wirklichkeitswahrnehmung und Normen, denn „nichts ist wie es scheint“.
Alternative Heilung: Sowohl die enorm gewachsene Rolle der Psychologie als auch die Vielzahl „alternativer“ Heilungsmethoden (oft nichtwestlicher Herkunft) sind teilweise Ergebnis des New Age und seiner starken therapeutischen Anteile.
Fortschrittsglaube: Als Reaktion auf Krisengefühle entstanden, entwickelte New Age einen evolutionären utopischen Optimismus. Sind alle Probleme durch Bewusstseinsänderung lösbar, ist das Veränderungspotenzial unbegrenzt, und es entfällt die Kärrnerarbeit wissenschaftlicher Problemlösungen. Fortschritt erwartete man durch Entwicklung des Einzelnen – Pädagogik wird zur optimistischen Leitwissenschaft, die alle gesellschaftlichen Wünsche erfüllen kann.
Weiblichkeit: Das Weibliche wurde zum Wesen der Wende. Der Holismus wurde zur personifizierenden Rede von der „Gaia“ (Erde) als Mutter. Capra beschreibt die neue Zeit als Wechsel von einer männlichen, aggressiv-gewalttätigen, rational-mechanistischen Epoche (Yin) zu einer ganzheitlichen, intuitiven, harmonisch-weiblichen Ära (Yang). An die Stelle der männlichen Besitzwut trete die weibliche Gabe des Empfangens. Gaia-Theorien sahen den Planeten als Gesamtsystem mit geistigen Anteilen und Harmoniebedürfnis. Heute sind personifizierende Wahrnehmungen der menschlichen Umwelt selbstverständlich geworden („die Natur schlägt zurück“).
Wirkung
Um 1990 lösten sich Alternativkultur und New Age in die ruhigen Bahnen von Konsumgewohnheiten auf – „Yoga für Manager“ und Müsli als Symbol. Doch obwohl kurzlebig, war New Age kulturell erfolgreich. Unbestimmtheit und Themenvielfalt boten zahlreiche Anknüpfungspunkte. In Deutschland verband es sich unter den Bannern Ökologie, Feminismus und Frieden mit anderen sozialen Bewegungen und wurde zudem in Medizin, Landwirtschaft, Pädagogik, Sexualität und Ernährung prägend.
Langfristig wirksam waren v. a. Teile der grünen Bewegung, deren Parteiwerdung auf den Höhepunkt des New Age fällt. Fritjof Capra sah die „politischen Erfolge der grünen Bewegung … [als das] eindrucksvollste Beispiel … des Zusammenfließens“ der Themen Ökologie, Gesundheit, Systemwechsel/Wendezeit und Feminismus (Capra 1988, 14; 1982, 44). Dazu gehörte eine religiös aufgeladene Sprache (Frieden mit der Natur, Schöpfung bewahren). Grünen-Mitgründerin und Vorstandsmitglied Petra Kelly erklärte 1988: Die „authentisch Grüne Internationale Bewegung [ist] nicht nur … eine politische, sondern … eine politisch-spirituelle Bewegung“ (Hesse / Wiebe, 35). Überschneidungen lagen insbesondere im Bereich des Krisenbewusstseins und des Vertrauensverlustes in die Gestaltungskraft der aufgeklärten Vernunft. Fast prophetisch wirken heute Forderungen des Politologen Mark Satin 1979 (129, 137, 240, 246): Als logische Folge der individuellen Autonomie forderte er das Recht auf freie Abtreibung und Polygamie, Homosexuellen- und Tierrechte sowie Aufhebung aller Gesetze gegen Prostitution, Drogen und Glücksspiel. Damals revolutionär, heute teilweise Mainstream.
Heute zeigt sich die im New Age angelegte Überordnung des Bewusstseins über das Sein in der allgemeinen Akzeptanz von „social engineering“ durch Sprachregelungen und von konstruktivistischen Wirklichkeitsdeutungen, bei denen an die Stelle einer vorfindlichen Realität die Idee tritt, alle Wirklichkeit sei menschlich konstruiert und daher durch Bewusstseinsbeeinflussung veränderlich. Diffundierte New-Age-Ideen sind heute in Kirchen und Gesellschaft so weit verbreitet, dass man von einer Osmose in die Umgebungskultur sprechen kann. Dabei gingen die mythologischen Elemente, v. a. die Meta-Erzählung der Epochenwende, weitgehend verloren. Sie tauchen nur gelegentlich wieder auf, so etwa 2000 und 2012 (Maya-Kalender).
Einschätzung
New-Age-Kritik kam vor allem aus zwei Richtungen, zu denen sich die Bewegung ihrerseits kritisch verhielt: aufgeklärte Vernunft und Christentum. Säkulare Kritik sah im New Age einen Rückfall hinter die Aufklärung. Die Probleme der Moderne würden hier nicht überwunden, sondern ausgeblendet, indem die Vernunft negiert werde. Insofern New Age der kalten Ratio die Schuld an fast allen Missständen der Gegenwart gab, wurde tatsächlich das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Der daraus folgende radikale Subjektivismus macht Diskussionen sinnlos, weil es weder Wirklichkeit noch Wahrheit gibt, weil jeder beanspruchen kann, es sei so, weil er es so erfahren habe oder er (sich) so fühle. Nachdenken, Vergleichen und Abwägen entfallen ebenso wie die Suche nach einem intersubjektiv verbindlichen Wissen über die Welt. Die subjektivistische Bestreitung der Wirklichkeit führt zu unrealistischen Selbstwahrnehmungen und Anspruchsdenken (der Erfolg, die Gesundheit, die Liebe kommen zu dir, wenn du daran glaubst) und einer dauergekränkten Konfrontation mit der Außenwelt.
New Age war oft christentumskritisch bis hin zum klischeehaften Antiklerikalismus. Kirchliche Akteure befassten sich anfangs als einzige systematisch mit der keimenden Bewegung. Später kritisierten Religionswissenschaftler zwar die apologetische Beurteilung, kamen aber oft zu ähnlichen Ergebnissen in der Beschreibung. Doch übersahen frühe Kritiker auch berechtigte Fragen an die Kirchen (Saliba 1999). Dabei gehörte zur christlichen Reaktion immer auch Integration. Schon 1984 war ein Vormarsch von New Age in die Kirche Thema. „Da wird uns Jesus als ‚Schamane‘ gepriesen, … da bedient man sich der Parapsychologie als Glaubensstütze, da gibt es Theologen, die in der Bhagwan-Bewegung eine mit dem Evangelium in Einklang zu bringende spirituelle Möglichkeit sehen, schon gibt es ‚Bildungswerke‘ evangelischer Gemeinden, die … Einführungen in das Wassermannzeitalter‘“ anbieten (Ruppert, 189). Gleichzeitig feierte Jürgen Moltmann Fritjof Capras Bücher als Aufstand des „organischen gegen das mechanistische Weltbild“ und erwartete hier „Orientierung für die Zukunft einer auf allen Gebieten tödlich bedrohten Welt“, die zu einer „ökologischen Weltgemeinschaft“ und zur Überwindung „religiöser Legitimationen von Herrschaft, besonders [der] theokratischen Religionsformen“ führen könne (Evangelische Kommentare 1983, 623f).
Aus christlicher Sicht sind heute die Selbstermächtigung des Menschen – Erlösung heißt Erleuchtung, und mittels bestimmter Techniken wird die eigene Göttlichkeit erfahrbar – sowie der gnadenlose Zwang zur Selbstbefreiung fragwürdig. Doch haben New-Age-Topoi die Kirche auch segensreich beeinflusst. Meditations- und körperbezogene Ritualpraxis, ökologisches Bewusstsein z. B. halfen, Traditionen wiederzuentdecken und neue Formen zu entwickeln. Dabei wurden allerdings auch Anstöße unreflektiert übernommen. So wäre etwa die kirchlich populäre Rede von der „Ganzheitlichkeit“ als Zielvorstellung angesichts von 1. Kor 13-9-12 (Vorläufigkeit und Gebrochenheit menschlichen Erkennens) zu nuancieren.
Das Thema New Age bleibt wichtig. Unbegrenzter Glaube an ständigen sozialen Fortschritt, Technologiefeindschaft, antirationalistische Züge, ein Grundmisstrauen gegenüber vorfindlichen Ordnungen, Vorordnung der geistigen Kultur (des menschlichen Bewusstseins) über die Natur gehören zu seinen problematischen Nachwirkungen im Mainstream – wobei nicht immer zu klären ist, was Auslöser und was Symptom ist. Für christliche Verkündigung bleibt New Age als kultureller Bezugspunkt wichtig. Denn Eschatologie z. B. wird immer im Gespräch mit zeitgenössischen Utopien und Zukunftsbildern formuliert, und christliche Frömmigkeit und Seelsorge beziehen sich stets auf zeitgenössische Lebenshilfemodelle und Daseinsvorstellungen.
Kai Funkschmidt, März 2020
Literatur
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Brown, Susan Love: The New Age: A Twentieth Century Movement, in: Eugene V. Gallagher / W. Michael Ashcraft (Hg.): Introduction to New and Alternative Religions in America, Westport / London 2006, 132-148.
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Hanegraaff, Wouter J.: New Age Religion and Western Culture. Esotericism in the Mirror of Secular Thought, Leiden 1996.
Hemminger Hansjörg / Valentin, Friederike: Zeitwende oder Glaubenswende? Der Kongreß „Geist und Natur“ vom 21. bis 27. Mai 1988 in Hannover, in: MdEZW 7/1988, 203-210.
Hesse, Gunter / Wiebe, Herrmann: Die Grünen und die Religion, Frankfurt a. M. 1988 (bes. Gottfried Küenzlen: New Age und grüne Bewegung, 244-259).
Lewis, James R. / Tollefsen, Inga Bårdsen: Gender and Paganism in Census and Survey Data, in: The Pomegranate 15 (2013), 61-78.
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Saliba, John.: Christian Responses to the New Age. A Critical Assessment, London u. a. 1999.
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Storr, Will: Selfie. How the West Became Self-Obsessed, London 2018.