Vereinigungskirche (Moon-Bewegung)
Die Vereinigungskirche (VK) ist eine ostasiatische Neureligion mit christlichen, neuoffenbarerischen und schamanistisch-spiritistischen Elementen, die 1954 als „Heilig-Geist-Gesellschaft zur Vereinigung des Weltchristentums“1 in Korea gegründet wurde. Über Japan und die USA fand sie auch in Europa Verbreitung. Der Gründer Sun Myung Moon (auch San Myung Mun, offiziell: Rev. Moon, 1920 – 2012) ist für seine Anhängerschaft der „Herr der Wiederkunft“, die Erfüllung der versprochenen Wiederkunft Jesu Christi. Rev. Moon gemeinsam mit seiner Gattin Hak Ja Han Moon bilden das messianische Ehepaar, „Wahre Eltern“ genannt. Mit einem weitverzweigten Netzwerk politischer, kultureller, religiöser und interreligiöser Organisationen wurde ein sympathisierendes Umfeld mit offeneren Formen des Engagements geschaffen, das mit der hierarchisch strukturierten VK im Mittelpunkt die Vereinigungsbewegung bildet. Ein starkes Standbein stellen Wirtschaftsunternehmen dar. Seit 2011 war die offizielle Bezeichnung „Tongil-Gyo Vereinigungsbewegung“; im Oktober 2015 wurde die erneute Umbenennung in „Familienföderation für Weltfrieden und Vereinigung e. V.“ bekannt gegeben. So hieß bislang schon die wichtigste Organisation der VK neben der Universal Peace Federation (UPF).
Geschichte
Sun Myung Moon wurde im heutigen Nordkorea in eine Bauernfamilie geboren. Mit 15 Jahren hatte er nach eigenen Angaben eine Christusvision und sah sich daher beauftragt, Christi unabgeschlossenes Werk auf Erden zu vollenden. So entwickelte er eine eigene religiöse Lehre. Darin spielten die politischen Ereignisse eine Rolle, aber auch Vorstellungen von rituellem Geschlechtsverkehr, der der Reinigung dienen soll.
Seine ersten Erfolge erzielte Moon in Universitäts- und Studentenkreisen in Seoul. Ab 1958 wurde die Mission auf Japan und die USA ausgedehnt. Politisch stand die VK mit ihrer antikommunistischen Haltung der politischen Rechten in den USA nahe. Die Teilung Koreas 1953 in zwei Staaten war für die VK ein höchst bedeutsames Ereignis, da die Leiden des koreanischen Volkes und die innerkoreanische Grenze in der Lehre der VK als Frontlinie zwischen einer „Abel-Typ-Welt“ und einer „Kain-Typ-Welt“, die in einem spannungsgeladenen Verhältnis stehen, eine wichtige Rolle spielen. Als Gegenideologie gegen den Kommunismus, der als „Feind der Menschheit und Feind Gottes“ bekämpft wurde, ließ Moon den „Gottismus“ propagieren.
Moons erste Ehe mit Sun Kil Choi wurde 1957 geschieden. Seine Hochzeit mit Hak Ja Han (geb. 1943) im Jahr 1960 ließ er als „Hochzeit des Lammes“ (Offb 19,7) und damit als entscheidendes Heilsereignis feiern. Als die „Wahren Eltern“ einer neuen Menschheit führten die Moons nun Massentrauungen durch, um weitere „vollkommene Ehen“ zu schließen, in der die Ehepartner von der „ursprünglichen Sünde“ befreit sind.
Oft nahm Moon persönlich die Partnerwahl vor („matching“), nicht selten aus unterschiedlichen Kulturen und ohne dass sich die Paare vor der Hochzeit näher kennengelernt hatten. An der größten Zeremonie dieser Art im Jahr 1999 nahmen ca. 42000 Paare teil. In jenem Jahr soll sich der Satan Gott und den „Wahren Eltern“ unterworfen haben, woraufhin die „Befreiung des Kosmos“ proklamiert wurde.2 Im Februar 2016 empfingen in Südkorea rund 2500 Paare aus mehr als 60 Ländern die „Kosmische Ehesegnung“, tausende Paare aus aller Welt sollen per Video zugeschaltet gewesen sein.
In zahlreichen Ansprachen und oft stundenlangen Predigten verkündete Moon Erfolge und rief – verbunden mit großartigen Proklamationen – neue weltgeschichtliche Epochen aus, um die Mitglieder zu motivieren und voranzutreiben. Berechnungen der Endzeit und des Beginns des Gottesreiches setzten die Gemeinschaft zusätzlich unter Druck. Da sich diese nicht erfüllten, mussten sie immer wieder kompensiert werden. 1992 proklamierte Moon sich als den Messias, als „Herrn der Wiederkunft“. Das Zeitalter des „Erfüllten Testaments“ habe begonnen. Zugleich wurde die Segnung auch für Nichtmitglieder geöffnet.
Moon rief im Laufe seines langen Lebens eine nahezu unüberschaubare Fülle (inter-)religiöser, karitativer, kultureller und politischer Organisationen ins Leben und baute eine milliardenschwere Wirtschaftsmacht auf. Erfolgreich war Moon nicht nur weltweit mit dem Ginseng-Handel, sondern ihm gehörten weltweit Unternehmen in Industrie, Schiffbau, Fischerei, Computerbranche, Gesundheitswesen, Bildungseinrichtungen usw. Auch eine Waffenfabrik gehörte zu seinem Eigentum. 1982 kaufte er die Zeitung „Washington Times“ als konservative Konkurrenz zur „Washington Post“. Sogar in Nordkorea wurde investiert, etwa in Anteile des Autokonzerns Pyeonghwa Motors.
Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks trat der Kommunismus in den Hintergrund. Das Ehepaar Moon legte einen neuen Schwerpunkt auf den interreligiösen Dialog und machte die Themen Frieden, Frauen und Familie zu zentralen Anliegen. 1994 wurde die „Familienföderation für Weltrieden und Vereinigung“ gegründet.
Einige Länder hatten Einreiseverbote gegen Sun Myung Moon verhängt, so etwa England und Deutschland (hier von 1995 bis 2006, im Jahr 2007 aus Gründen der Religionsfreiheit aufgehoben) sowie Japan, wo es bis zu seinem Tod galt.
Begleitet von pompösen Proklamationen und Zeremonien erklärte Moon 2010 Korea zu „Gottes Heimatland“. Das neue Zeitalter der Herrschaft des kosmischen Sabbats sei angebrochen. Die „Geburt von Gottes Königreich“ Cheon Il Guk („Die Nation des kosmischen Friedens und der Einheit“) wurde angekündigt und dessen tatsächlicher Beginn exakt auf den 22. Februar 2013 datiert.3 Für die Familienföderation sollte mit diesem „Tag der Fundamentlegung“ eine neue Ära für den Weltfrieden eingeleitet werden. Im Rahmen der Feierlichkeiten gab es nach eigenen Angaben unter anderem eine internationale Ehesegnungszeremonie, eine Konferenz der Jugendföderation für Weltfrieden (YFWP, Youth Federation for World Peace), eine Studentenkonferenz der CARP (Collegiate Association for the Research of Principles), ferner eine Feier zur Initiierung der „Wonmo Pyeonngae“-Stiftung zur Förderung von talentierten und sozial schwachen Studienabsolventinnen und -absolventen sowie verschiedene kulturelle Veranstaltungen. Die aufwendigen Feierlichkeiten und die inhaltliche Deutung der Ereignisse sollten Anhängern wie Kritikern die internationale Präsenz und die unverminderte Handlungsfähigkeit der Vereinigungsbewegung auf allen Ebenen demonstrieren. Denn Moon selbst war am „Foundation Day“ nicht mehr unter den Lebenden. Seine Frau Hak Ja Han hatte die Leitung als Oberhaupt übernommen.
Nach Moons Tod verschärften sich Konflikte, die schon früher zum Vorschein gekommen waren. So wurde Kook Jin Moon, der eine hohe Position einnahm, schon kurz nach dem Ableben seines Vaters im September 2012 von Hak Ja Han entlassen. Auch das Verhältnis zum jüngsten Moon-Sohn, Hyung Jin, der schon 2008 mit 28 Jahren als Nachfolger seines Vaters benannt worden war, ist inzwischen zerrüttet. Hyung Jin Moon und seine Frau gründeten eine eigene neue Bewegung unter dem Namen „World Peace and Unification Sanctuary“ (etwa: Weltfrieden- und Vereinigungs-Heiligtum), kurz „Sanctuary Church“, die den Anspruch erhebt, die ursprüngliche Tradition der VK zu bewahren.
Lehre
Moons Anspruch war nicht, eine neue Religion zu gründen, sondern die Erneuerung und Wiederbelebung des Christentums, darüber hinaus langfristig die Vereinigung der politischen Mächte zur Herstellung des Weltfriedens sowie die Vereinigung der Religionen im Sinne einer großen Weltökumene. Er betonte allerdings häufig das Versagen der Kirchen und beschrieb die VK durchaus im Gegenüber zum Christentum. Die durch sein Wirken entstandene neue Religion wartet mit einer neuen Offenbarung, einem neuen, aus christlicher Sicht mit Christus konkurrierenden Messias, einer neuen Heiligen Schrift auf. Die Lehre der VK ist umfassend in „Das Göttliche Prinzip“ (GP) niedergelegt (1966; engl. und dt. 1973, mit Vorläufern). Das Buch enthält die derzeit offenbarten Erläuterungen der „letzten Wahrheit zur Rettung der Menschheit“. Die fortschreitende Offenbarung wird freilich in weiteren Publikationen dargelegt, etwa in den Schriften der „Wahren Eltern“, in Schriften zum Weltfrieden oder in „New Essentials of Unification Thought“.
Das GP handelt weitgehend von biblischen Stoffen, die freilich auf ganz eigene Weise ausgelegt werden. Wie die Schöpfung, so ist dem GP zufolge auch Gott selbst von bipolarer Wesensart (und damit eine Elterngottheit – männlich/weiblich, Vater/Mutter, außen/innen, positiv/negativ, vgl. das daoistische Yin und Yang). Zwischen Gott und Mensch (bzw. Schöpfung) besteht ebenfalls ein polares Verhältnis. Der Grund für die Selbstsucht des gefallenen Menschen ist im Sündenfall zu suchen, der sexuell aufgefasst wird. Eva ging mit Luzifer/Satan eine verbotene sexuelle Beziehung ein, weshalb die gesamte Menschheit in einer satanischen Abstammungslinie steht. Dadurch ist Gott Leid zugefügt worden (korean. han, „verborgener Kummer, ungelöster Schmerz“). Davon muss Gott befreit werden. Am Anfang der dazu notwendigen reinen Abstammungslinie steht Sun Myung Moon. Er hat die Auseinandersetzung mit der Gegenmacht Satan auf sich genommen, er ist „der von Gott erwählte Mensch, der das Problem der Ursprünglichen Sünde löst und das verlorengegangene Ideal verwirklicht“. Jesus hat letztlich aufgrund des Unglaubens der Menschen das vorbestimmte Ziel nicht erreicht, er wurde frühzeitig ermordet – die „Wahren Eltern“ vollenden die Erlösung. Moon und seine Frau werden als Begründer der „Wahren Elternschaft“ anerkannt. Sie sehen ihre Berufung darin, den „Fehler Adams und Evas“ wieder gutzumachen und der Menschheit als Begründer der „Wahren Familie“ zu dienen, indem sie das biblische Schöpfungsideal erfüllen, Osten und Westen versöhnen, Frieden bringen und so Gott trösten.
Die Menschen müssen durch „Wiedergutmachung“ an der Wiederherstellung mitwirken. Sie liegt zu fünf Prozent in der Verantwortung des Menschen („indirekte Herrschaft Gottes“). Die Verbundenheit mit den „Wahren Eltern“ ist dafür grundlegend. Deshalb ist es entscheidend, von ihnen adoptiert, genauer an die göttliche Blutlinie Moons und seiner Frau „angepfropft“ zu werden („Wiedergeburt“). Zudem bedarf es des vorbehaltlosen Einsatzes, der angesichts des Leidens Gottes und des Messias Moon kein Leiden scheuen darf. Erlösung ist im Verständnis der VK nicht zuletzt Erlösung Gottes durch die Menschen.4 Dazu gehört auch die Überwindung der konfessionellen und religiösen Spaltungen durch die letztendliche Vereinigung der Religionen, die nach dem GP eine zentrale Rolle im endzeitlichen kosmischen Drama spielt. Mit dem Kommen des Messias ist damit der Anfang gemacht. Das Zeitalter des „Erfüllten Testaments“ wird durch die neue Lehre bewusst von der Epoche des Alten und Neuen Testaments abgesetzt.
Die antikommunistische politische Stoßrichtung, die mit einer antidarwinistischen Anschauung zusammengeht, ist in der VK-Lehre des GP verankert, deren Selbstverständnis („Head-Wing Thought“) freilich linke und rechte Vorstellungen durch die Überwindung von Materialismus und Humanismus zu vereinigen sucht („Gottismus“). Im Hintergrund spielen kosmische Spekulationen eine Rolle, denen zufolge Gott die Leiden dreier Weltkriege brauche („Bedingung der Wiederherstellung“ des Reiches Gottes), weshalb eine weltweite Katastrophe (dritter Weltkrieg), zumindest als Auseinandersetzung von widerstreitenden Ideologien, unvermeidlich sei.
Praxis
Die Mission der Moon-Bewegung hat aufgrund ihrer massiven, teilweise übermotivierten Überzeugungsarbeit insbesondere in den USA der 1970er Jahre zu heftigen Konflikten geführt. Von den Mitgliedern wurde jahrelange, oft harte Arbeit für die Vereinigungskirche verlangt. Die jungen Menschen lebten häufig in Wohngemeinschaften („Zentren“) und wurden zu vollem Einsatz für das „Fundraising“ (Spendensammeln) und in der Straßenmission angehalten. Viele wurden im Ausland eingesetzt. Anfangs waren mindestens sieben Jahre zu dienen, bevor man verheiratet wurde, und nach der Hochzeit durfte das Paar drei Jahre nicht zusammenleben. Die Diskussion um unethische Rekrutierungsmethoden, um „Gehirnwäsche“ und „Deprogrammierung“, wirtschaftliche Ausbeutung und erzwungene Isolation von der Umgebung war auch in der deutschen Öffentlichkeit damals entsprechend vehement. Immer wieder war die Beeinflussung junger Menschen durch übertriebene Zuwendung („Love-Bombing“) und das Einwirken auf junge Konvertiten Thema. Der Druck, alle Eigeninteressen – auch die eigene Familie – den Belangen der VK unterzuordnen und entsprechende Missionserfolge vorzuweisen, war (und ist teilweise noch) groß. Die Anforderungen wurden allerdings mit der Zeit reduziert. Viele Mitglieder leben heute mit ihren eigenen Familien in Privatwohnungen. Der Raum für individuelle Entscheidungen ist größer geworden.
Die VK feiert eigene Gottesdienste und eine ganze Reihe von Feiertagen, die von den Reden und Ansprachen Moons und dem Studium des GP geprägt werden. Lieder und Gebete bringen eine Spiritualität des Kampfes und des Konfliktes zum Ausdruck, häufig drängend und emotional, vor allem in der Anfangszeit von verbaler Militanz durchsetzt. Auch die Hoffnung auf eine neue Friedenswelt und der Anbruch des Reiches Gottes sind wichtige Themen.
Das eigentliche Sakrament ist die Segnung von Paaren. Die wichtigsten Rituale sind die „Heilige Weinzeremonie“, die Ähnlichkeiten mit der christlichen Eucharistie aufweist, eine rituelle Blutreinigungszeremonie zur Einfügung des Paares in die göttliche Abstammungslinie sowie die eigentliche Segnungszeremonie, bei der die Paare ein feierliches Gelöbnis ablegen.
Organisation(en) und Zahlen
Obgleich nicht zwischen Geistlichkeit und Laien unterschieden wird, ist die Moon-Bewegung hierarchisch und autoritär organisiert. Die uneingeschränkte Autorität liegt bei dem Messias Sun Myung Moon – seit seinem Tod bei seiner Frau Hak Ja Han –, auch wenn die bestehenden Gremien und nationalen Vereinigungen formal autonom agieren mögen und Mitgliedschaft nicht einheitlich definiert wird. Von der VK als dem engsten Kreis, in dem die Theologie und die Mission/Mitgliederwerbung in erster Linie verortet sind, ist die Vereinigungsbewegung in einem weiteren Sinne zu unterscheiden, in der größere Spielräume und entsprechende Vielfalt in der Verhältnisbestimmung zu Moon bestehen. Die Moon-Bewegung pflegt über viele politische Organisationen Verbindungen zu den Vereinten Nationen und sucht mit Konferenzen und Symposien eine größere (eher akademische und politische) Öffentlichkeit. Zu den wichtigsten Organisationen sind – mit religiöser Prägung – die Familienföderation und – mit politischer Bedeutung über die VK hinaus – die Universal Peace Federation (UPF) avanciert.
Nach eigenen Angaben sind etwa drei Millionen Anhänger in rund 200 Ländern missionarisch aktiv. In Korea und Japan soll die VK etwa 100000 Mitglieder haben, in den USA 5000 bis 10000, im südostasiatisch-pazifischen Raum wie auch in Afrika sei in einzelnen Regionen ein Wachstum der Bewegung festzustellen. Ehemalige Mitglieder beziffern die Anhängerzahl insgesamt auf „nicht mehr als 100000“. In Deutschland sind nach VK-Angaben – abgesehen von einem größeren Kreis an Freunden, Förderern und Sympathisanten – etwa 300 Paare mit ungefähr 800 Kindern zu verzeichnen (REMID gibt 900 Familien an). Es bestehen zehn lokale Gemeinden (Zentren). UPF Deutschland gibt 2013 „224 eingetragene und zahlende Mitglieder“ an.
Zum weit verzweigten Netzwerk der Moon-Organisationen gehören u. a. (mit unterschiedlicher Verbindlichkeit und Nähe zur VK im engeren Sinne): theologische Ausbildungsstätten wie das Unification Theological Seminary (UTS, Barrytown/NY); International Coalition for Religious Freedom (ICRF); Universal Peace Federation (UPF, Beraterstatus bei den UN, verbindet Akteure über die VK/FFWPU hinaus); Collegiate Association for the Research of Principles (CARP, Hochschul- und Studentenorganisation); Family Federation for World Peace and Unification (FFWPU, von herausgehobener Bedeutung, religiös geprägt, daher nicht gemeinnützig); International Religious Foundation (IRF, seit 1990 NGO der UNO, Schaltstelle der interreligiösen Aktivitäten); New Ecumenical Research Association (New ERA); Little Angels Children’s Folk Ballet of Korea; Peace Cup (seit 2003 zweijährlich von der Sunmoon Peace Football Foundation durchgeführtes internationales Fußballturnier); die Zeitungen Washington Times (USA), Middle East Times (Zypern) und Segye Times (Korea); Tongil Group, Seoul; Kando Verlag GmbH, Schmitten (Geschäftsstelle: Stuttgart).
Eine Einschätzung
Die Vereinigungskirche galt lange als Beispiel eines destruktiven Kults, dessen Auftreten in den 1970er und 1980er Jahren mit erheblicher Konfliktträchtigkeit einherging. Die Anweisungen des Religionsgründers, die Radikalität und teilweise Aggressivität in den Methoden der missionierenden Wohngemeinschaften, die Dämonisierung des „satanischen“ Kommunismus gegenüber dem „göttlichen“ Westen, die aus einer Außenperspektive ungeheuerlich erscheinenden Selbstanmaßungen Moons im politischen und religiösen Bereich, all dies sorgte für heftige Kontroversen – und hatte nicht selten den Bruch von Anhängern mit der Familie und dem sozialen Umfeld zur Folge. Mit immer neuen Versprechungen und Aktivitäten und immer neuen Zweigorganisationen sollten Mitglieder und potenzielle neue Mitglieder von der Bedeutsamkeit der Moon-Lehre beeindruckt und zur vollen Hingabe motiviert werden. Inzwischen hat es aus der Sicht von Beobachtern einen Entradikalisierungsprozess gegeben. Die Öffnung der Segnung für Nichtmitglieder (1992) war Teil dieser Entwicklung. Die Paarzeremonie ist offen für alle und wird vor allem als Friedensritual zur Familien- und Weltvereinigung betrachtet. Die Anhänger leben nicht mehr in missionierenden Wohngemeinschaften, sondern haben ihren Platz in der Gesellschaft eingenommen. Dem entspricht, dass es heute ziemlich ruhig geworden ist um die „Moonies“.
Geblieben ist freilich eine umfassende synkretistische Lehre mit theokratischer Zielsetzung, die kulturell aus dem ostasiatischen Wertekanon schöpft, etwa was die Hochschätzung der Familie anbetrifft. Dies wird theologisch aufgenommen in der Deutung der Familie der „Wahren Eltern“ als Begründer der heilbringenden Abstammungslinie. Die Christologie wird vor dem Hintergrund ostasiatischer, daoistischer Ordnungsvorstellungen (Polarität!) umgestaltet, der Messiasbegriff erweitert (Moon selbst als Messias) und die heutige Zeit als „Erfülltes Testament-Zeitalter“ verstanden. An der Stelle der christlichen Sakramente steht die Segnungszeremonie. Der schamanistische Spiritismus, also der besondere Umgang mit den Geistern Verstorbener, ist ein wesentlicher Bestandteil der Lehre und Praxis der VK.
So werden christliche Lehrinhalte in umgeformter Gestalt mit neuen Inhalten zu einer eigenen Theologie mit einer Heilsvorstellung verbunden, die an die Einordnung in die Blutlinie Moons geknüpft ist. Durch die Reinigung und Wiederherstellung der schöpfungsgemäßen Verhältnisse soll schließlich Gott erlöst werden.
Ziel der Vereinigungsbewegung bleibt die Überwindung der drei Haupthindernisse: des Mangels an Moral, des Niedergangs des Christentums und der mangelnden Einheit der Religionen. Die Mission besteht in diesem Sinne nach wie vor unverändert. Menschen, die sich mit Teilzielen der VK identifizieren, bilden ein Netzwerk von Sympathisanten, das dem Gesamtziel zugeordnet bleibt.
Die Post-Moon-Ära hat tiefe Spaltungen und Zerwürfnisse offenbart. Wie sich der tiefgreifende Zwist in der weitläufigen Familie sowie das spannungsvolle Verhältnis zwischen der koreanisch dominierten Führungsschicht und den westlichen VK-Funktionären in der Zukunft auswirken werden, kann derzeit kaum prognostiziert werden.
Friedmann Eißler, April 2016
Anmerkungen
1 Zutreffender für „Heilig-Geist“: „spiritualistisch“ bzw. spiritistisch (vgl. Hummel, Vereinigungskirche – Die Moon-Sekte im Wandel, 116). Ab 1964 „Vereinigungskirche“.
2 Proclamation of the Liberation of the Cosmos, Americano Hotel, Pantanal, 14.5.1999.
3 Der von Moon eingeführte Begriff ist eine Abwandlung des christlichen Ausdrucks für „Himmelreich; Reich Gottes“, geht in seinem Bedeutungsgehalt jedoch über eine rein transzendente Utopia hinaus. Er umgreift die Einheit eines auf Gott ausgerichteten Ehepaares (das dem Trinitätsbegriff der Vereinigungstheologie entspricht) sowie das im Himmel und auf Erden realisierte Friedensreich Gottes.
4 Die Erlösung erfordert die Wiederherstellung dreier Beziehungsdimensionen („Drei Große Segen“, vgl. Gen. 1,28): Die Beziehung zwischen Gott und Mensch, die Beziehung der Menschen untereinander und die Beziehung zwischen Mensch und Schöpfung.
Quellen und VK-Literatur
Gottes Herz heilen. Eine Einführung in Leben und Werk des Reverend Sun Myung Moon, von Thomas Schellen, hg. von Vereinigungskirche e. V., 1995
Das Göttliche Prinzip. Neue und überarbeitete Übersetzung der koreanischen Originalausgabe „Wuolli Kang-ron“ und der englischen Ausgabe „Exposition of the Divine Principle“, hg. von Vereinigungskirche e. V., Ausgabe 1996, Schmitten 2003
Kim, Young Oon, Vereinigungstheologie. Eine Annäherung, erste deutsche Auflage, Kando Verlag 1995, s. auch www.vereinigungskirche.at/theologie/vereinigungstheologie (Abruf aller in der Einführung angegebenen Internetseiten: 7.11.2015)
Moon, Sun Myung, Mein Leben für den Weltfrieden. Autobiografie, 2., überarb. Aufl., Stuttgart 2011 (Original: „As a Peace-Loving Global Citizen“, Seoul 2009)
New Essentials of Unification Thought. Head-Wing Thought, Unification Thought Institute, Tokyo 2006 (erste englische Ausgabe 1973)
World Scripture – A Comparative Anthology of Sacred Texts, hg. von Andrew Wilson, International Religious Foundation, 1991, s. auch www.unification.net/ws
World Scripture II: World Scripture and the Teachings of Sun Myung Moon, hg. von Andrew Wilson, Universal Peace Federation, New York 2007, s. auch www.tongil.org/ucbooks/2012-HDH_Material/World_Scripture.pdf
Mehr: www.tongil.org/indexpub.html
Selbstdarstellung im Internet
Weitere Literaturhinweise
Flasche, Rainer, Die Lehren der Vereinigungstheologie, in: Becker, Kurt E./Schreiner, Hans-Peter (Hg.), Neue Religionen – Heil oder Unheil?, Landau 1982, 97 – 148
Hong, Nansook, Ich schaue nicht zurück, aus dem Amer. von C. G. Lecaux, Bergisch Gladbach 2000 (kritischer Erfahrungsbericht der Exfrau des ältesten Moon-Sohnes)
Hummel, Reinhart, Vereinigungskirche – Die Moon-Sekte im Wandel, Reihe Apologetische Themen (R.A.T.) Bd. 9, Neukirchen-Vluyn 1998
Hummel, Reinhart, Vereinigungskirche (VK) – Familienföderation für den Weltfrieden, in: Hempelmann, Reinhard u. a. (Hg.), Panorama der neuen Religiosität. Sinnsuche und Heilsversprechen zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Gütersloh 22005, 376 – 380
Pokorny, Lukas/Steinbeiß, Simon, „To Restore This Nation“: The Unification Movement in Austria. Background and Early Years, 1965 – 1966, in: Hödl, Hans G./Pokorny, Lukas (Hg.), Religion in Austria, Bd. 1, Wien 2012, 161 – 192
Pokorny, Lukas/Steinbeiß, Simon, „Pioneers of the Heavenly Kingdom“: The Austrian Unification Movement, 1966 – 1969, in: Hödl, Hans G./Pokorny, Lukas (Hg.), Religion in Austria, Bd. 2, Wien 2014, 181 – 216
Kritische Internetseiten